Beatles zu fünft

Die Deutschsprachige Erstaufführung „Backbeat“ im Altonaer Theater Hamburg fand am 27.07.2014 statt und steht seit dem dort immer wieder auf dem Spielplan (demnächst für einen Monat vom 4.8. bis 4.9.2016). Jetzt war diese Produktion auf kurzer Gastspieltournee unterwegs und machte für ZWEI Monate ensuite Station in Berlin, im Theater am Kurfürstendamm. Am 31. Juli 2016 ist die letzte Vorstellung in Berlin…

1960 waren die Beatles zu fünft, unbekannt und in heruntergekommenen Nachtclubs Hamburg mit allerlei Cover-Songs in ihrem Sound zu hören. Nummer Fünf, Stuart Sutcliffe, wollte Action-Painter werden…

Quelle: Beatles zu fünft

Brava Brauneis, bravorös

Katja Brauneis zeigte ihren Soloabend „Tagebuch einer Diva“ im wilde Oscar in der Niebuhrstraße 59/60 in Berlin-Charlottenburg. Auf ihrer Reise durch die Zeit gab es viele Musicals und Lieder zu entdecken. Wunderbar war, dass die meisten in Deutsch gesungen wurden.
Aber diese perfekte Interpretation – nicht nur bei jedem Satz und auch Satzzeichen, was ich ständig und oft auf der Bühne sträflich vermisse. Auch die immer wieder abwechslungsreiche Performance und der variable, Stil sichere Gesang.

Ein Abend voller wunderbarer Lieder, Geschichten und Momente. BRAVA

Schattenreichreise

Die ersten 16 Bilder. Weitere können folgen!
Ein Paar begibt sich auf die Reise durch das Leben, durch die Zeit und durch die Schatten hinweg. Erste Einblicke zur heutigen Uraufführung am 28. Juli 2016 von „Shadowland 2“ im Admiralspalast Berlin.

© Frank Wesner

 

 

10 Sekunden frei sein

Wenn Jesse Owen für den 100-Meter-Lauf trainiert, ist er für unter 10 Sekunden frei von allem. Keine Sorgen, Politik, Rassenunterschiede. Es zählt nur schnell oder langsam.
Doch das Ausnahmetalent wird vor 80 Jahren bei den Olympischen Spielen in Berlin antreten und vier Goldmedaillen ersprinten. Was auf ihn lastet, zeigt der großartige Film „Zeit für Legenden“ („Race„). Vieles wird klar benannt und nicht nur Nazideutschland bekommt die Perfidität aufgezeigt.
Gerade dieser amerikanische Film (co-produziert mit Frankreich und Deutschland) zeichnet bei weitem kein gutes Bild von den USA. Rassenhass, Repressalien, wirtschaftlicher Eigennutz, Heuchelei im Land, bei den Sportlern an der Uni, bei Funktionären und auch im Olympischen Komitee von Amerika.
Und die knallharte Frage (oder Feststellung): Wann sind die Olympischen Spiele unpolitisch durch die Teilnahme der Sportler.Zeit für Legenden 20170728 Kino - Plakat
Dieser Film ist nicht nur ein Muss. Auch ist er extrem spannend geschrieben und erzählt. Doch die Macher konnten sich nicht erlauben, weit von den historischen Tatsachen abzuweichen, da Jesse Owens drei Töchter und seine Stiftung am Film beteiligt sind.
Zudem ist der Film nicht nur dank Computereinsatz realisierbar, auch so sehr genau ausgestattet, gefilmt und gespielt. Ein Fest von einem Film. Ganz großes Kino, wo sportliche Wettkämpfe eher zum Nachdenken anregen.

Zeit für Legenden (Originaltitel: Race)
Kinopremiere am 28. Juli 2016 in Deutschland
Regie: Stephen Hopkins | Drehbuch: Joe Shrapnel & Anna Waterhouse | Musik: Rachel Portman | Kamera: Peter Levy | Schnitt: John Smith
mit Stephan James: Jesse Owens | Jason Sudeikis: Larry Snyder | Eli Goree: Dave Albritton | Shanice Banton: Ruth Solomon | Yvanna-Rose Leblanc: Gloria Owens | Carice van Houten: Leni Riefenstahl | Jeremy Irons: Avery Brundage | William Hurt: Jeremiah Mahoney | David Kross: Carl Luz Long | Jonathan Higgins: Dean Cromwell | Tony Curran: Lawson Robertson | Barnaby Metschurat: Joseph Goebbels

Zeit für Legenden 20170728 Kino - Banner

legendäre Fortsetzung

Legend of Tarzan 20160728 Kino - Kinoposter deutsch„Legend of Tarzan“ schafft etwas erstaunliches. Bekannte Charaktere wie Tarzan und Jane werden weitererzählt in einem geschichtlichen Kontext. Was wäre, wenn beide nach Jahren in Britannien zurück nach Zentralafrika in den Kongo-Freistaat von Kolonialherrscher Leopold II. von Belgien gelockt werden. Es geht um die wirtschaftliche Ausbeutung, Bodenschätze, Versklavung, Völkermord und die Frage nach dem Einssein mit der Natur.

Eigentlich will der – fiktive – Oberschurke Captain Rom (Christoph Waltz) Diamanten von Stammes-Chief Mbonga (Djimon Hounsou). Doch dafür muss er Tarzan (Alexander Skarsgård), der mit Jane (Margot Robbie) verheiratet auf seinem Schloss wohnt, in die Berge locken. Spät durchschaut der gerechte Naturbursche das perfide Spiel und kann dabei seine erlernte Instinkte reaktivieren. Und Jane ist für diese Zeit erstaunlich schlagfertig.

Ein Film für uns heute, der vor mehr als einhundert Jahren spielt. Aber extrem heutig ist, weil er die Frage nach den Konsequenzen stellt: Alles bedeutet etwas und hat Auswirkungen. Als Gegenentwurf dient dazu die raue Natur, die trotz größter Unterschiede im Einklang existiert.
Dazu noch diese grandiosen Bilder, die Farben, die fantastischen Animationen aller Tiere, das Licht, die Musik, Schnitt – einfach perfekt gemacht.

Diese Tarzan-Fortsetzung ist eigentlich sehr gut geeignet für die Bühne. Ob das jemals passieren wird?

Legend of Tarzan
Kinostart am 28. Juli 2016 in 2D und 3D, 110 Minuten
Regie: David Yates | Drehbuch: Adam Cozad und Craig Brewer (basierend auf der Tarzan-Geschichte von Edgar Rice Burroughs) | Filmmusik: Rupert Gregson-Williams
Mit Alexander Skarsgård, Margot Robbie, Christoph Waltz, Samuel L. Jackson, Djimon Hounsou, Jim Broadbent u.a.

 

Nymphenburg

Auf kurzem Fotorundgang im Schlosspark Nymphenburg München am 24. Juli 2016

© Frank Wesner

Nymphenburg 20160724 32 München_

Schlosspark Nymphenburg München am 24. Juli 2016 © Frank Wesner

Sonnenblumen

Ein paar Stunden Natur, Feld und Fotoapparat. Dazu Sonne, Blumen und Sonnenblumen.

Sonnenblumen nahe der Blutenburg München am 24. Juli 2016 © Frank Wesner

Sperrige Gemengelage

Stella 20160623 Neuköllner Oper Berlin - Sujet hochkant_

Singend und tanzend Aspekte des Naziterrors beleuchten, ist nicht neu. Doch bei einem relativ unbekannten Thema auch noch wild und wahllos durch die historischen Zeiten springen, lässt es kaum verständlich werden. Eigentlich wollte ich „Stella – Das blonde Gespenst vom Kurfürstendamm“ unbedingt zwei Mal sehen, aber den zweiten Besuch spare ich mir. Trotz herausragendem Ensemble. Bei Stück und Umsetzung halte ich mich mit einer Empfehlung zurück.
Obwohl gerade die Beleuchtung eines Einzelschicksals, die zur Mitarbeit beim Aufspüren von versteckten Juden erpresste junge Frau Stella, den kaum selbst reflektierenden Charakter doch nahe bringt. Verständlich wird das Handeln und das Stück kaum.
Eher auch verwirrend versorgen die fünf Männer um sie herum die Zuschauer mit Fakten und Informationen. Das schafft Distanz. Gemischt wird Stellas Überleben zu Kriegszeiten mit dem Nachkriegsgerichtsverfahren und ihren Erinnerungen. Rahmenhandlungen sind momentan sehr beliebt, aber bei „Miss Saigon“ zeigte sich erst kürzlich, wie wertvoll das Entzerren der Vermischungen war. Sinnigerweise gibt es keinen Kurfürstendamm und keine Spielszenen mit dem blonden Gespenst genau dort. Dafür eben die schon erwähnten Berichte. Mich nimmt so was nicht ein.

Wolfgang Böhmer, der mit Autor Peter Lund schon die Musicals wie „Das Wunder von Neukölln“, „Love Bite“, „Leben ohne Chris“, „Stimmen im Kopf“ oder auch „Jedermann – Die Rockoper“ uraufgeführt hat, geht musikalisch andere Wege. Keine Rockmusik und rhythmischen Schläge. Schon die Instrumentierung mit den solistischen Musikern ist spannend, erregt meine Aufmerksamkeit und erinnert zuweilen an Kurt Weill. Das musikalische Beschreiben der Szenen führt zu Anklängen von „Sunday in the Park with George“, es gibt intime Momente und auch große Revuenummern.

Martin Berger inszeniert mit der Spielfläche in der Mitte, die Sichtbehinderungen fallen nicht sehr ins Gewicht. Leider wird das ganze Schicksal nicht klar, eher gegenteilig. Viel an Spiel und Tanz wird geboten. Den Einsatz von Videoeinblendungen und Kameraübertragungen hätte ich lieber auf der Szene gesehen. Einzig die abstrakte, überdimensionale Spielschachtel von Sarah-Katharina Karl sticht auffallend gut heraus. Was vor allem durch die Vielseitigkeit und durchleuchtbaren Spiegelflächen entsteht.

Ein exzellentes Ensemble von Musicaldarstellern, die große Variabilität zeigen, gibt der Aufführung Kraft und Ausstrahlung. Aber das hatte ich auch erwartet (und erwarten können). Doch es bleibt extrem wenig nach dem Abend wirklich im Gedächtnis. Eher nur das eingesperrt und umringt sein von Stella und ihrer Welt, wie sie sie sah.

Neuköllner Oper Berlin 2016 © Frank Wesner - Banner1_

Neuköllner Oper Berlin 2016 © Frank Wesner

Stella – Das blonde Gespenst vom Kurfürstendamm
Komposition: Wolfgang Böhmer | Buch: Peter Lund
Uraufführung am 23. Juni 2016 an der Neuköllner Oper Berlin

Regie: Martin G. Berger | Musikalische Leitung: Tobias Bartholmeß / Hans-Peter Kirchberg | Choreographie: Marie-Christin Zeisset | Ausstattung: Sarah-Katharina Karl | Video: Roman Rehor

Stella, das blonde Gespenst vom Kurfürstendamm: Frederike Haas | Rolf Isaaksohn und Ensemble: Jörn-Felix Alt | Walter Dobberke und Ensemble: Victor Petitjean | Friedheim Schellenberg und Ensemble: Markus Schöttl | Samson Schönhaus und Ensemble: Samuel Schürmann | Stellas Vater und Ensemble: David Schroeder | Yvonne, Stellas Tochter: Isabella Köpke

jazziges Lebensgefühl

Es beginnt mit Knalleffekt. In einer heftigen Straßenschießerei wird eine Mutter unter den Augen ihres kleinen Jungen niedergeschossen. Als junger Mann ist er mittendrin zwischen Bandenkrieg und Music-Hall im Chicago von 1930. Was der Ballettchef des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München als Neugierde weckende Handlung etabliert, verliert sich aber in schlaglichtartige Szenen von unterschiedlicher Idee zu variierender Musik.

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Chicago 1930 Ballett Staatstheater am Gärtnerplatz

Auch die anspruchsvollen Musiknummern, im ersten Teil des Balletts auch nur von einem kleinen Teil des Orchesters mit hervorstechender Rhythmusgruppe gespielt, stehen eher für sich allein, als den Abend etwas Ganzes, Überspannendes zu geben, was ich aber bei solch einem Thema und diesem Anfang erwartete. Das die Musik eher nur als Projektionsfläche und Begleitung gesehen wird, ist dadurch erkennbar, dass die Bewegungen weiter fließen, auch wenn das Musikstück sanft ausgeklungen ist. Andreas Kowalewitz bringt aber viel vom jazzigen Lebensgefühl zum Erklingen.

Chicago 1930 20160721 München - Ensemble als Revue-Girls © Marie-Laure Briane_

Chicago 1930 Ballett Staatstheater am Gärtnerplatz © Marie-Laure Briane

Karl Alfred Schreiner setzt auf eine Körpersprache der sich windenden und schlängelnden Verdrehungen, was seine zehn Frauen und Männer virtuos umsetzen können. Mir fehlen da dann in der Aufführung die sportlichen, akrobatischen Teile des Tanzes. Auch immer wieder neu überraschen konnte das Ballett „Chicago 1930“ nicht, wobei die Girls in der Music-Hall schon viel Show ins Spiel brachten. Natürlich haben sowohl Massenszenen wie auch intime Momente große Ausstrahlungskraft, doch schon die Konzeption der Verfolgungsjagd hat eher etwas Verspieltes als Erzählendes.

Rifail Ajdarpasics Bühnenbild gibt fast eine Seitengasse einer Straße wieder, Ziegelsteinmauerwerk-Häuser mit Fenstern und Türen. Hinten in der Mitte kann sich eine Bar eindrehen. Das besondere sollten die Aufprojektionen sein, die entweder nur in die Fensterflächen Farben und Schatten zaubern oder das Mauerwerk quasi überblenden können. Doch so richtig wird das erst im zweiten Teil gemacht. Ich hätte da gerne viel mehr von diesen Ideen gesehen.

Kostümbildner Alfred Mayerhofer schuf Figuren erzählende Kostüme in eher gedeckten Farben und Tönen – zum Glück nicht Ballettschläppchen, aber eben auch ganz ohne Schuhe auf der Bühnenstraße. Auffallend waren da öfters die langen Haare der auch voll bebärteten Männer – manche auch nur mit zartem Strich von Oberlippenbart.

Trotz der Ambitionen um einen jungen Mann auf der Suche nach seinem Platz im Mafia gesteuerten „Chicago 1930“ fehlt Klarheit, etwas Erotik und das konsequent Berührende.

Bilder vom Staatstheater am Gärtnerplatz zur freien Verfügung gestellt, Copyright: © Marie-Laure Briane

Chicago 1930

Ballett in einem Prolog und zwei Teilen von Karl Alfred Schreiner

mit Musik von Irving Kahal, Paul Abraham, George Gershwin, Nick LaRocca, Heitor Villa-Lobos, Duke Ellington, Vince Giordano, George Antheil, Michael Nyman, Béla Bártok, Dmitri Schostakowitsch, Paul Hindemith und Samuel Barber

Uraufführung am 21. Juli 2016 durch das Staatstheater am Gärtnerplatz im Cuvilliéstheater, München

Regie & Choreographie: Karl Alfred Schreiner | Musikalische Leitung: Andreas Kowalewitz | Choreographische Mitarbeit: Bärbl Kaufer & Marcus Koch | Karl Alfred Schreiner | Bühnenbild: Rifail Ajdarpasic | Kostüme: Alfred Mayerhofer | Projektionen: Raphael Kurig & Thomas Mahnecke | Lichtdesign: Jakob Bogensperger | Dramaturgie: Daniel C. Schindler

Ensemble; (Luigi): Alfonso Fernández | Luigi; Ensemble: Giovanni Insaudo | Ensemble; (Maria; Luigis Mutter): Anna Calvo | Maria; Luigis Mutter; Ensemble: Ariella Casu | Marias Vater; Ensemble; (2. Polizist): Matteo Carvone | 1. Polizist; Ensemble; (Marias Vater): Javier Ubell | Geist des Vaters; Ensemble: Isabella Pirondi | Hot Officer; Ensemble; (Geist des Vaters): Sandra Salietti | Der Don; Ensemble: Alessio Attanasio | Der Ire, die rechte Hand des Don; Ensemble: Neel Jansen | Der Priester; 3. Polizist; Ensemble: Russell Lepley | Der Mann mit dem Hut; Ensemble: Davide Di Giovanni | 2. Polizist; Ensemble. Roberta Pisu | Ensemble: Passant;Bar-Gast;Mafioso; Trauergemeinde: Francesco Annarumma | Ensemble: Passant;Bar-Gast;Mafioso; Trauergemeinde: Rita Barão | Ensemble: Passant;Bar-Gast;Mafioso; Trauergemeinde: Amelie Lambrichts | Ensemble: Passant;Bar-Gast;Mafioso; Trauergemeinde: Verónica Segovia | Ensemble: Passant;Bar-Gast;Mafioso; Trauergemeinde: Vanessa Shield | Ensemble: Passant;Bar-Gast;Mafioso; Trauergemeinde: David Valencia | Ensemble: Passant;Bar-Gast;Mafioso; Trauergemeinde: Lieke Vanbiervliet

Chicago 1930 20160721 München - Banner

Chicago 1930 Ballett Staatstheater am Gärtnerplatz © Marie-Laure Briane

Ob Ouzo reicht?

schöne Helena 2 © Frank Wesner_

Die Inszenierung der „Schönen Helena“ in der Pasinger Fabrik in München ist OK. Aber leider mehr auch nicht. Die lockere Fassung von Regisseur Marcus Everding erzählt von nervösen Sänger_innen bei der ersten Bühnenorchesterprobe der Operette. Doch mit Musikbeginn ist das vergessen und die simple Entführungsgeschichte entwickelt sich. Es wird gewechselt zwischen französisch und griechisch / deutsch, was aber auch keinen Extraschwung bringt.
Auf neun Sänger ist das spielfreudige Ensemble gekürzt, Orest und Achill spielt im Charakter von Achill eine Frau allein. Alle Rollen sind doppelt besetzt.

Das zehnköpfige Orchester von Münchens kleinstem Opernhaus ist leider auch keine Freude. Viele Farben ergeben nicht immer Klang, vielleicht wären weniger mehr. Der musikalische Leiter Andreas Pascal Heinzmann begleitet sehr aufmerksam die Sänger und übernimmt dann und wann das Schlagwerk. Überraschend gibt es musikalische Einlagen von George Gershwin, Richard Wagner und Jacques Offenbach. Mehr Abwechslung und Ideen bei den Fanfaren wäre nötig gewesen.

Das spartanische Bühnenbild stellt eine halbfertige Theaterproduktion dar, die Kostüme kleiden die Charaktere in historische Wickelgewänder. Leider ist das Licht schlecht, knallig und viel zu wenig und dann oft auch zu schnell wechselnd.

Die Helena von Debora Berghuijs gibt sich unnahbar mit netter Opernstimme und schrecklichem Dialog. Operette ist eben nicht Oper – eigentlich müssten gerade die Macher es besser wissen, doch … Selbst im Programmheft wird auf ihr deutsches Operndebüt extra hingewiesen … So etwas will ich nicht auf der Bühne erleben.

Anton Klotzner als Prinz Paris ist hingegen eine sängerische und spielerische Freude – alle Akte hindurch. Mir gefallen auch sehr gut Tibor Brouwer als Agamemnon, Ana Schwedhelm als Achill und Florian Drexel gewinnt als Großaugur Kalchas und neidischer Priester an Bedeutung. Plus dem weiteren, musikalischen Ensemble!

Am Ende hat Menelas Dank der auslegbaren Doppelmoral einen anderen, unkriegerischen Plan und will auf Helena warten, bis sie gelangweilt und angewidert aus Troja zurück kommt. Derweil nutzt er die Zeit mit Bachis und Agamemnon verschwindet mit Achill, der aber doch eigentlich sein Sohn ist …

Es ist eben etwas besonderes, in einem Saal zu sitzen, wo ich das Gefühl habe, dass niemand weiter merkt, dass nach der Pause die Orpheus-in-der-Unterwelt-Ouvertüre angestimmt wird. So wenig gebildet ist heutzutage das ältere Bildungsbürgertum in München …

„Die schöne Helena“
Musik von Jacques Offenbach | Buch von Henri Meilhac und Ludovic Halévy (beide im Programmheft sträflicherweise nicht genannt!)

Premiere am 16. Juni 2016 in der Pasinger Fabrik in München, bis 14. August 2016 inklusive sechs Freilichtaufführungen auf Schloss Blutenburg

Inszenierung & Textfassung: Marcus Everding | Musikalische Leitung: Andreas Pascal Heinzmann | Arrangement: Jörg-Oliver Werner & Andreas Pascal Heinzmann | Ausstattung: Claudia Weinhart | Lichtgestaltung: Jo Hübner | Regieassistenz: Andreas Teodoru

Helena: Karolina Plicková / Debora Berghuijs | Paris: Anton Klotzner / Andreas Stauber | Kalchas: Florian Drexel / Bernd Gebhardt | Agamemnon: Tibor Brouwer / Paul Wiborny | Achill: Maria Helgath / Ana Schwedhelm | Bachis: Nina Schulze / Carolin Ritter | Menelas: Stefan Kastner / Robert Gregor Kühn | Ajax I: Alexander Helmer / Lemuel Cuento | Ajax II: Maurizio Casa / Burkhard Solle | Es spielt das 10-köpfige Orchester von Münchens Kleinstem Opernhaus

schöne Helena Banner © Frank Wesner_

„Die schöne Helena“ in der Pasinger Fabrik in München 2016

Wettbewerb für Uraufführungen

Der Wettbewerb für Musikalisches Unterhaltungstheater MUT wurde in diesem Jahr erstmals für neue Musicals ausgeschrieben. Keinerlei weitere Vorgaben, nur die ersten Szenen mussten alle einreichen und eine selbstgewählte weitere. Ob Deutsch oder Englisch oder eine andere Sprache. Das Staatstheater am Gärtnerplatz München mit Intendant Josef E. Köpplinger und Chefdramaturg Michael Alexander Rinz luden eine zwölfköpfige, internationale Jury ein, um aus den 40 eingereichten Musicals sechs für die Präsentation im Finale auszuwählen. Dafür wurde zusätzlich eine weitere Medienjury einberufen und ließen per Stimmkarte auch das Publikum seinen Favoriten wählen.

Sowohl den Medienpreis wie auch den Publikumspreis, die jeweils mit € 1000,- dotiert sind, bekam „Der (ein)gebildete Kranke – Reloaded!“ von Sebastian Brandmeir (Musik) und Florian Stanek (Buch und Liedtexte). Die Uraufführung findet im Filmtheater Bad Freienwalde am 5. August 2016 als Sommerkomödie im Oderbruch statt und ist östlich von Berlin bis 28. August 2016 zu sehen.

Die Fachjurypreisträger Ilann M. Maazel erhielt € 5000,- für „Believe Me“, eine Geschichte über einen enthusiastischen Anwalt in einem zukünftigen Überwachungsstaat.

Hier sind die Finalisten zu finden.

Alle sechs Stücke wurden von Studenten der Theaterakademie August Everding szenisch präsentiert, die in Abendkleidung mit den Klavierauszügen in der Hand die Situationen spielten, Tom Bitterlich studierte die neue Musik ein und begleitete alle Stücke und Stile hervorragend am Flügel. Regisseurin Nicole Claudia Weber wählte dazu eine Art von strukturierter Improvisation die mit wenigen Requisiten auskommt. Dazu noch überwältigende Choreographien von Fiona Copley plus Lichtgestaltung und Aussteuerung über Microports. Alles vom Feinsten!

Um 17 Uhr fand eine interessante, 90minütige Podiumsdiskussion statt. Zum einen wurde festgestellt, dass neue Musicals aufgeführt werden, oft eine zweite Inszenierung schwierig ist und eher über bekannte Titel neue Stücke etabliert werden können. Nicht wirklich neue Erkenntnisse. Aber eben die, die was ändern müssten in ihrer Spielplangestaltung, waren nicht da. Dafür zeigten sich staatliche wie auch private Produzenten sehr aufgeschlossen bezüglich möglicher Kooperationen.

Jetzt sind wieder mindestens sechs neue Musicals „FREI ZUR URAUFFÜHRUNG“!
Nächstes Jahr 2017 dann der MUT Wettbewerb für einzelne Sänger_innen.

Finalisten des Internationalen MUT-Autorenwettbewerbs 2016

Sowohl den Medienpreis wie auch den Publikumspreis, die jeweils mit € 1000,- dotiert sind, bekam „Der (ein)gebildete Kranke – Reloaded!“ von Sebastian Brandmeir (Musik) und Florian Stanek (Buch und Liedtexte).
Die Fachjurypreisträger Ilann M. Maazel erhielt € 5000,- für „Believe Me“, eine Geschichte über einen enthusiastischen Anwalt in einem zukünftigen Überwachungsstaat.

Quelle: Finalisten des Internationalen MUT-Autorenwettbewerbs 2016

Das reale in der Märchenwelt

BFG - Big Friendly Giant 20160721 Kino - Plakat

BFG – Big Friendly Giant ab 21.7.2016 im Kino

„BFG – Big Friendly Giant“ erzählt die Geschichte einer besonderen Freundschaft zwischen einem Londoner Waisenmädchen und einem geheimnisvollen Riesen aus einem Land ganz weit im Norden von Schottland. Roald Dahls Roman „BFG – Big Friendly Giant“ wurde 1982 veröffentlicht. Dahls Bücher, zu denen auch „Charlie und die Schokoladenfabrik“, „James und der Riesenpfirsich“, „Matilda“ sowie „Der fantastische Mr. Fox“ gehören, sind derzeit in 58 Sprachen übersetzt und haben sich weltweit mehr als 200 Millionen Mal verkauft. Trotzdem in Deutschland nicht wirklich verbreitet oder bekannt.

Dahls Märchen und Spielbergs Disney-Film zeichnen aus, dass sie die Verbindung von realer Welt (London der 1980er Jahre inklusive Queen) und unerforschter, paranormaler unentdeckter Inselwelt kombinieren.

Zwar ist die Geschichte eines belesenen Mädchens, dass durch Mut und Courage die Freundschaft mit dem freundlichen Riesen erlangt und gemeinsam die Bösewichter besiegt, nicht meins. Alles OK. Aber wie dieser Film in die Tat umgesetzt und realisiert wurde, die spielerischen Leistungen – egal ob groß und klein, jung und etwas älter -, die technischen Möglichkeiten heute etc., dass ist für mich das Besondere an diesem Film. Denn trotz der Künstlichkeit ist etwas unglaublich Natürliches entstanden.

Ich freue mich mehr aufs Making-of als auf den Film.

 

BFG – Big Friendly Giant
ab 21. Juli 2016 im Kino
Verleih: Disney / Constantin Film

 

Regie: Steven Spielberg | Autor: Roald Dahl | Drehbuch: Melissa Mathison („E.T.“)
Mit Mark Rylance, Ruby Barnhill, Penelope Wilton, Jemaine Clement, Rebecca Hall, Rafe Spall, Bill Hader u.a.

schnell verschrotten

Star Trek Beyond 20160721 Kino - Kinoposter

Star Trek Beyond ab 21. Juli 2016

Für Trekkies unvorstellbar: im 13. Kinofilm wird die USS Enterprise mit ihrer multinationalen Besetzung bei der Erkundung eines unbekannten Planeten in einen nebolösen Meteoriten-Hinterhalt gelockt, nach und nach bombardiert und landet als zerstückelter Schrotthaufen im bergigen Mischwald. Doch wie da wieder heraus und wer ist eigentlich mein Feind?

Was Schrott ist, bleibt leider Schrott. Vom Miteinander von unbekannten Lebensformen ist leider wenig übrig geblieben. Die Menschen sind besser vorsichtig gegenüber anders aussehender, trauen ihnen nicht und tricksen sie besser aus. Eher die Aufforderung zur globalen Aufrüstung, denn so ein fieser Feind (aus den eigenen Reihen sogar) könnte überall lauern – sogar noch mit einer tödlichen, chemischen Waffe.

Und dann der fast versteckte, schüchterne, eventuell leicht peinlich berührte Blick, wenn Kirk sieht, wenn Sulu auf dem Förderationsstützpunkt von seiner Tochter nebst anderem Papa abgeholt wird. Alternative Lebensformen sind im Star Trek Universum oft klarer behandelt worden.
Da passt Spocks Gesteinsamulett, was er Uhura schenkte, besser hinein. Denn eigentlich ist es ein Ortungsgegenstand, denn damit weiß er immer, wo seine Freundin steckt. Dass das extrem hilfreich ist, wird sich auf der Flucht vom Planeten und im Kampf gegen Bösewicht Krall zeigen.

Das der Feind eben nicht die unbekannte Welt ist, sondern in den menschlichen Reihen und dem Streben nach Macht und Beherrschung zu suchen ist, geht eigentlich unter. Zwar wird am Ende das Raumschiff neu gebaut, doch eigentlich gehört diese Art von Zivilisation und Film auf den Schrott.

Star Trek Beyond
deutscher Kinostart: 21. Juli 2016 in 2D und 3D, 123 Minuten, der dritte Teil der Star-Trek-Neuauflage passend zum 50-jährigen Jubiläums des Star-Trek-Franchises
Verleih: Paramount Pictures
Regie: Justin Lin | Buch: Simon Pegg, Doug Jung, Roberto Orci, John D. Payne, Patrick McKay | Filmmusik: Michael Giacchino
Mit Chris Pine: Capt. James „Jim“ T. Kirk | Idris Elba: Krall | Zachary Quinto: Cmdr. Spock | Zoë Saldaña: Lt. Nyota Uhura | Karl Urban: Dr. Leonard „Pille“ McCoy | Anton Yelchin: Ensign Pavel Chekov | John Cho: Lt. Hikaru Sulu | Simon Pegg: Lt. Cmdr. Montgomery „Scotty“ Scott

Therapie als place-to-be

Die Studienvorbereitung für Musical und Musiktheater der Paul Hindemith Musikschule Neukölln präsentiert nach ihrem Neustart ihr erstes Abschlussstück. Geschrieben und komponiert von einem der Leiter des eineinhalbjährigen Vorbereitungskurses, Bijan Azadian (mit wirklich großen, eigenständigen Nummern). Was da innerhalb des Dreivierteljahres mit und an den jungen Menschen gearbeitet wurde, ist sehr erstaunlich und eine exzellente Präsentation der SVA. Und wieder ein erneuter Beweis, warum diese Art von Kursen wichtig, nötig und erfolgversprechend sind.

Die einfache wie wunderbare Idee für die 71 Minuten Showcase „X-Kurzgeschichten – das Musical“ ist, dass acht Charaktere auf sich, gegenseitig und Frau Doktor Zweifel treffen. X-Kurzgeschichten - das Musical 20160715 Gutshof Britz Berlin-Neukölln - Plakat_Im Wechsel von Liedern, Tanzszenen und Dialogen begegnen wir ganz unterschiedlichen, aufeinander prallenen, jungen Suchenden, was spannend ist und bleibt – zu dem bestens unterhält. Die acht Schülerinnen und der eine Herr präsentieren sich sehr gut, wenn auch die Unterschiede – wie zu erwarten – sehr groß sind. Aber sie können eben auch als Gruppe und Einheit agieren, was ebenfalls fürs Musical (und auch fürs Theater generell) wichtig ist.

Abgesehen von dem eigenen, neuen Stück ist das professionelle Umfeld, was beeindruckt. Neben den inszenierenden Lehrgangsleitern Bijan Azadian und Marco A. Billep lässt Leslie Unger die Talente in zahlreichen, durchaus sehr anspruchsvollen Choreographien tanzen, lässt Emotionen nach außen transportieren und lässt Musik in Bewegung fließend übergehen.
Fünf Livemusiker hat die Musikschule Paul Hindemith Neukölln für die zwei Aufführungen der eigenen Unterabteilung ermöglicht (Musikalische Leitung: Tobias Bartholmeß), dazu wird alles komplett abgemischt und die jungen Menschen müssen mit Microports umgehen. (Die Hoffnung und Erwartung, dass sie diesen 200-Plätze-Raum später auch unverstärkt beschallen können, gebe ich aber nicht auf.) Dazu kommen noch abwechslungsreiche Lichtstimmungen, wo sie zeigen müssen, ob sie sich am Licht orientieren und sich darin bewegen können.

Von den zehn Schülern, die auf ein mögliches Musicalstudium vorbereitet werden, werden einige diesen Weg an staatlichen Universitäten demnächst gehen – eine ging schon vorzeitig diesen Weg. Zum einen bleibt zu hoffen, dass eine Gruppe möglichst lange zusammen bleibt (möglichst die gesamte Kurszeit) und gemeinsam lernen kann. Zum anderen entdecken hoffentlich viele Menschen die Möglichkeiten, die die SVA Musical & Musiktheater der Musikschule Paul Hindemith Neukölln ihnen auf dem Weg zum Musicaldarsteller bietet.

X-Kurzgeschichten – das Musical“ im Kulturstall des Gutshofs Britz Berlin-Neukölln ist ein mehr als gelungenes Beispiel der Musicalkompetenz in Deutschland. Mit dem richtigen Anspruch, professionellen Rundherum und Wissen kann extrem viel erreicht werden. Die Schüler überzeugten und glänzten mit ihrer veranschaulichten Suche, ihren Überlegungen, Zweifeln, ihrer Präsentation, ihrem place-to-be.

„X-Kurzgeschichten – das Musical“
von Bijan Azadian (Musik & Buch & Text)

Uraufführung am 15. Juli 2016 im Kulturstall des Gutshofs Britz Berlin-Neukölln, Alt-Britz 81, 12359 Berlin, durch die SVA Musical & Musiktheater der Musikschule Paul Hindemith Neukölln

Regie: Marco A. Billep & Bijan Azadian | Musikalische Leitung: Tobias Bartholmeß | Choreographie: Leslie Unger | Regieassistenz: Vivienne Dejon

Jeanne: Vivienne Dejon | Johanna: Nicola Kripylo | Larissa: Marcella D´Agostino | Maura: Laura Bloch | Resi: Theresa-Nyameke Miah | Röschen: Sofie Denner | Tom: Chris W. Young (Wooyoung Park) | Zora: Hennika Grassmann | Zweifel: Simone Schuster

Streetdance-Ballett-Musik-Klasse

Streetdance New York 20160714 Kino - PosterDie Klasse der eigentlich britischen „Streetdance“-Filme zeichnete sich in den zwei Vorgängern plus den Kids durch das Verknüpfen von Kunstrichtungen und Musikstilen aus. Und das ganze theatralischer als nur eine effektvolle, simple Liebesgeschichte. Hier dient die Handlung nicht nur als Präsentationspunkt für krasse Dancebattles.
Der junge, smarte Violonist Johnnie (Nicholas Galitzine) wohnt über einer Streetdance Crew und lernt die gerade in New York ankommende und angehende Balletttänzerin Ruby (Keenan Kampa) kennen, die ihren Vornamen auch dem Balanchine-Ballett „Rubies“ verdankt. Er braucht einen legalen Aufenthaltsstatus und sie hat die Idee, an einem Tanzwettbewerb teilzunehmen (und natürlich auch zu gewinnen). Wie gut, dass er über einer multikulturellen Streetdance-Crew wohnt …
Das Autorenehepaar Janeen und Michael Damian entwickelt eine abwechslungsreiche Geschichte mit ganz unterschiedlen Tanzstilen zu teilweise ganz ungewöhnlicher Musik. Das führt auch zu Tango (!), Irish Dance (!) und einem Geigenbattle (!) und anderen großartigen, sich entwickelnden Musiknummern. Dazu gibt es immer wieder Dialoge, die geflügelte Worte werden können.
„Das Unvollkommene hält uns am Leben“ oder auch „Und was wollen sie erreichen, wenn sie perfekt sind?“
Einmal mehr gibt die Stadt New York die Kulisse und Grundlage für reiche Möglichkeiten. Genutzt wird das aber auch, um den Rhythmus und die Geräusche der Stadt in Beat und Bewegung umzusetzen.
Unbedingt ansehen und erleben!
„Streetdance: New York“ ist durch das Sparten übergreifende zu einem herausragenden Tanzfilm geworden, der wesentlich mehr kann als nur Streetdance. (Der englische Titel verwendet nicht einmal Streetdance im Namen: „High Strung“).

Streetdance New York 20160714 Kino - Banner

Motiviert, aber bitte nicht so

Chimborasso 20160109 Musicalgruppe Glienicke - Plakat_

Chimborasso – Musicalgruppe Glienicke

Die ganze Misere mit Musical in Deutschland, das Unverständnis und die falsche Wertschätzung konnte ich beispielhaft bei der Amateurproduktion „Chimborasso“ der Musicalgruppe Glienicke in der Alten Halle, Glienicke/Nordbahn, erleben.
Die Gruppe ist voller toller Typen, motiviert und mit viel Lust auf ihr Werk und das Genre im besonderen. Doch die Umsetzung, Ausführung und Aufführung sind weit entfernt von Können und Wissen um das Genre.
Das fängt schon beim Stück an. Anstatt an einem etablierten Musical zu lernen, wird ein eigenes Pasticcio geschrieben. Die Figuren haben teilweise keine Namen, nur einfach Charaktere, die Szenen keinen Abschluss etc. Und dann noch Titel verwenden, die zum einen ebenso nicht(!) gut gesungen werden können, wie wenn sie sperrig aus einem fertigen Musical stammen würden. Dazu eventuell wurde gar nicht die Erlaubnis oder Rechte eingeholt, diese öffentlich aufzuführen. Doch das Wissen darum darf bei Amateuren vorausgesetzt werden.

Chimborasso 20160109 Musicalgruppe Glienicke - Alte Halle_

Chimborasso – Musicalgruppe Glienicke

Warum also ein Wünsch-dir-was veranstalten, was auch keine Erleichterung bringt, und sich nicht an Musicalautoren wenden oder wesentlich einfacher und besser Erfahrungen mit fertigen Werken sammeln.
Bei den Choreographien springen alle mit, musikalisch teilweise zu schwierige Stimmlagen oder Playbacks in der falschen plus ein szenisches Ordnen statt Inszenieren.
Warum auch hier keine erfahrenen Macher holen? Wenigstens für ein Probenwochenende oder für ein paar Massenszenen – und choreographien. Der Ort Glienicke/Nordbahn grenzt direkt an den Berliner Stadtteil Reinickendorf, wo auch Musicaldarsteller leben.
Doch woran liegt es, dass die Musicalkönner nicht beschäftigt werden – was auch für große oder auch privat finanzierte Produktionen leider zutrifft. Wollen die Musicalmenschen unbezahlbares Geld oder hat da keiner Zeit?
An Bühnenbild, Kostüme, Videoprojektion und Tonanlage war gedacht, doch: Geht das nicht besser? Kann man da nicht mehr Hilfe von Profis bekommen? An guten Ton ist jeder Zuschauer vom Heimkino schon gewöhnt.

Chimborasso 20160109 Musicalgruppe Glienicke - Ortsschild_

Chimborasso – Musicalgruppe Glienicke

Es gilt eben im Kleinen wie im Großen, dass alle Musicals lieben und mögen – der Saal war voll! – und nun jeder denkt, dass das einfach auch jeder einfach so kann. Was bekanntlich in anderen Berufen oder Genre nicht gilt, geht eben auch nicht im Musical. Vielleicht gerade besonders da nicht, weil das ganze sich so leicht und wahrhaft anfühlt.
Meine Bitte: Einfach die Profis dazu holen, wenigstens zeitweise.
Und an etablierten Werken mit deren Liedern und Dialogen arbeiten und lernen. Doch dazu müsste man selbst mehr Erfahrung und Wissen haben. Und da fängt die ganze Misere mit Musical in Deutschland schon an.

Die 18 in die 9 von London

Die erfolgreiche Jagd nach Angeboten und Vorstellungen findet ein vorübergehendes Ende: Neun Tage in London führten dank sehr guter Vorplanung, Management und Alternativen zu 18 gesehenen Vorstellungen.
Viele Produktionen hatte ich zuvor schon gesehen. So war es viel Wiedersehen und den Hauptgrund der Reise, „On the Twentieth Century“ der Guildhall School im Silk Street Theatre London, habe ich mir gleich zwei Mal gegönnt. Eine West End reife Inszenierung, die nur acht Vorstellungen lang gezeigt wurde. (Wie jedes Jahr um diese Zeit)

Neben dem Klassiker „On the Twentieth Century“ hatte ich vorher noch nie gesehen: „The Go-Between“ (so gut, aber leer), „The Stripper“ (ok), das inszenierte Konzert „That´s Entertainment“ (fein), das französische Entertainment „Barbu“ (nett) und das Schauspiel mit Liedern, „Breakfast at Tiffany´s“ (ok). Von anderen Produktionen her kannte ich „Funny Girl“ (gut), „Three Penny Opera“ (gut), „Aladdin“ (gut und überbewertet) und „Show Boat“ (gut).
In London früher (oder im März 2016) gesehen hatte ich „Titanic“ (grandios), „Sunny Afternoon“ (gut), „Kinky Boots“ (grandios), „Bugsy Malone“ (Hammer!), „In the Heights“ (sehr gut), „Beautiful“ (groß) und „Guys and Dolls“ (so wird Theater gemacht).

Interessanterweise spielten die kleinen, unabhängigen Spielstätten kaum Musicals und wenn der West End mir für 20 GBP eine Parkettrestkarte anbietet, dann nehme ich das gerne. Einige Shows hätte ich mir gleich noch einmal angesehen, doch da fehlte dann die Zeit.

Auch ein paar neue Theater habe ich für mich entdecken können …

Auch wollte ich auch einmal ein paar Inszenierungen wiedersehen, wie „Wicked“, „Book of Mormon“, „Les Misérables“, „The Lion King“, „Mamma Mia!“, „Matilda“, „Phantom“. Nicht unbedingt „Jersey Boys“, „Motown“, „Stomp“, „Thriller“ und „Charlie“

Einiges an neuen Musicals und Produktionen ist schon für die nächste Zeit angekündigt, wo „An American in Paris“ ab März 2017 heraus sticht.

Bei welchem Theater momentan was für Angebote gibt und warum ich für keine Vorstellung mehr als GBP 30,- / EUR 36,- ausgeben musste – ich weiß es wieder.

Vollster Einsatz bei Guys and Dolls

Die vom Chichester-Festival stammende Musicalproduktion „Guys and Dolls“ ist im März 2016 ins Phoenix Theatre umgesiedelt und ist so erstklassig wie zu vor. Wegen Siubhan Harrison als Sarah Brown lohnt sich der Besuch sowieso. Oliver Tompsett ist der neue Sky Masterson an ihrer Seite. Anderer Partner – großartiges Zusammenspiel.

Doch für acht Wochen kommt ein Filmstar aus Hollywood als Miss Adelaide dazu. Und Rebel Wilson gibt alles, spielt, tanzt, singt mit vollem Einsatz und nutzt jede auch so halbwegs im Stück stehende Möglichkeit für Anzüglichkeiten – besonders im Zusammenspiel mit dem großartigen Simon Lipkin, der als Würfelspielorganisator Nathan Detroit brilliert. Allein wegen ihm wollte ich es wieder sehen und alle vier sind eben größte Klasse. Und Gavin Spokes als (gewollt?) außer Atem geratener Nicely Nicely Johnson plus diesem großartigen Ensemble bringen das Theater zum Beben.

Diese Aufführung ist eine theatralische Erfüllung.

 

 

Verlangen vermitteln – The Go-Between

6 Männer, 3 Frauen, 2 Kinder und ein Mann am Flügel – mehr braucht es nicht für ein außergewöhnlich gutes, feines Musical in einem der kleineren Theater, dem Apollo an der Shaftesbury Avenue. Das hat momentan nur 3 Ebenen und nicht den oberen Rang, da der ja eingestürzt war. Oben ist eine bemalte Platte aufgelegt …
Dass das neue Musical „The Go-Between“ nach der alten Erzählung beim Vergnügungspublikum nicht sonderlich zu vermarkten ist, liegt auf der Hand. Aber es ist so ähnlich dem, was in Deutschland von einem Stadttheater mit Opernensemble geboten werden kann. Ein Raum für eine große Rückblende. Ein älterer Mann schaut auf drei Wochen Ferien vor seinem 13. Geburtstag zurück, wo er als Postbote (oder Merkur) Briefe zwischen zwei nicht standesgemäß Liebenden hin und her brachte.
Michael Crawford als Name und Star der Produktion gibt den in sein Tagebuch zurück schauenden Leo Colston an der Seite des jungen, großartigen Luka Green (der sich die Rolle des Leo und die acht Vorstellungen die Woche mit nur zwei weiteren teilt). Auch das weitere Ensemble ist exzellent. Eine große Freude und Überraschung.
Der Mittler bzw. „The Go-Between“ kann vielleicht nicht von der Neuköllner Oper in Berlin gebracht werden, aber könnte Platz finden in der Tischlerei der Deutschen Oper. Einfach nach der Spielzeit bis 13. Oktober 2016 dort abholen und übernehmen. So wunderbare Künstler sind auch in Deutschland zu finden.

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Besser als gedacht – Beautiful Funny Girl Carole

Zunächst war ich ja stolz, doch noch einen Halbpreisverkäufer gefunden zu haben, der mir „Beautiful“-Karten für GBP 29,50 auch im Parkett hinten anbietet und nicht nur im zweiten Rang. Ansonsten gab es im Theater selbst Halbpreisdayseats für GBP 39,50 und mit Aufschlag bei den Wiederverkäufern. (In London nie alles den Ticketverkäufern glauben und immer wieder woanders neu fragen – das spart Geld.)
Doch im Theater dann die Überraschung, dass der 2. Rang geschlossen war und alle Kartenbesitzer ein Upgrade bekamen. Jedenfalls habe ich nicht zu viel ausgegeben und mittig gesessen.
Die Inszenierung ist weiterhin großes Musical, sehr emotional und effektiv. Das könnten wir in Deutschland auch spielen und sofort besetzen. Gar kein Problem. Aber was nicht ist …
Ich glaube nicht, dass es noch lange in London läuft – da könnte schon mal ein LKW zum Einladen des schlauen Einheitsbühnenbildes geordert werden …

Alles ein Theater - von und mit Frank Wesner

Beautiful The Carole King Musical 20150810 Aldwych London - quer kleinNatürlich ist „Beautiful – The Carole King Musical“ eine Compilation-Show mit Evergreens der Popgeschichte, die auch ich kenne. Aber das aus den Lebensjahren 16 bis 29 (1958-1971) der Komponistin-Singer-Songwriterin Carole King dann doch so ein spannendes Musical wurde, hätte ich nicht angenommen. Nicht nur lustig, sondern zeigt Brüche in Menschen und der Medienmaschine. Macht neugierig auf die historischen Personen. Große Show mit selbst musizieren auf der Bühne. OK – das Soundsystem ist so grandios, dass ich das während der Show nicht unterscheiden kann.

Dazu zwei zurecht ausgezeichnete Frauen (Carole King: KATIE BRAYBEN, Cynthia Weil: LORNA WANT) in einer Geschichte, die irgendwie an „Funny Girl“ entfernt erinnert. Lustig. Hat Parallelen in der Erzählweise. 18 Darsteller inkl. 6 Hauptrollen.

Beautiful – The Carole King Musical 20150810 Aldwych London - Banner mit Klaviatur

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Frühstück ohne Tiffany

Ein schöner Ausflug ins Schauspiel-New-York der 1940er Jahre. Lebedame Holly möchte reich und berühmt werden. Dazu trifft sie viele Männer. Und der namenlose Nachbar (oder der die Wohnung über ihr hat – das ist extrem unklar) erzählt rückblickend von der gemeinsamen Zeit. Auf die Bühne kommt die Adaption des Romans, ohne wirklich theatralisch spannend zu werden. Drei Lieder gibt Holly an der Gitarre dazu – wunderbar gespielt von der Sängerin Pixie Lott. Und der Evergreen aus der Verfilmung, „Moon River“ darf auch nicht fehlen.

Den Abend trägt der aus dem Fernsehen bekannte Schauspieler Matt Barber. Doch der Adaption fehlen die Höhepunkte und einige grundlegende Monologe können das nicht auffangen.

Das in diesem Theater auch „Sweet Charity“ einmal gespielt wurde – was ich auch gesehen habe -, ist dann reiner Zufall … Die Ähnlichkeiten sind interessant.

Das Publikum interessiert sich für das Stück durch den Film. Das könnte auch in Berlin funktionieren. Etwas mehr Höhepunkte und definitiv wenigstens einmal von Tiffany´s träumen und daran vorbei schlendern muss schon noch eingebaut werden. Plus einer bekannten Besetzung, damit die Zuschauer kommen. Dann kann das was werden.

„Breakfast at Tiffany´s“
Premiere im Theatre Royal Haymarket London am 11. Juli 2016, Voraufführungen ab 30. Juni 2016; davor und danach auf Tournee durch Großbritannien

Barbu – Bärte, Bauch, Bier

Die französische Cirque Alfonse Gruppe ist mit ihrem Programm „Barbu“ im Sommer im Spiegeltent vom Wonderground neben der Royal Festival Hall zu Gast. Langbebärtete Männer mit mehr oder weniger Kopfhaaren werden beworben. Die fünf Herren plus der zwei schlanken Frauen zeigen im zweiten Teil des kurzen, 75 minütigen Programms auch viel Haut. Doch die einfache, schwarze Akrobatenunterwäsche ist nicht wirklich was theatralisch sinnliches. Aber es gibt eine Percussionistin, einen Geiger und einen Sänger mit Gitarre und anderem, die die Livemusik kreieren – mit Höhepunkten wie im Zirkus.

Barbu 20160703 5 Spiegeltent vom Wonderground Southbank London © Frank Wesner_

Barbu im Spiegeltent vom Wonderground Southbank im Juli 2016 London

Die artistischen Nummern auf Rollenschuhen, auf der Wippe, die Jonglagen mit Keulen oder Bierfässern, Equilibristik und Würfe miteinander – alles erstklassig. Die Publikumsbeteiligung finde ich fehl am Platz, aber die Show ist ansonsten eh schon zu kurz fürs Geld … Die Videos oben an beiden Seiten über den Zuschauern sind überflüssig. Der Laufsteg in die Mitte des Publikums und des Zeltes aber perfekt geplant.

Die Sieben haben ein leichtes Tattoo-Problem. Vielleicht sollten sie das in Kostüme einarbeiten. An den Bärten wird überraschenderweise wenig gezogen, dafür auch mal an den Slips. Halb nackend den zweiten Teil bestreiten und sich ans Publikum werfen, ist dann auf Dauer auch nicht der Knaller.

Könner ihres Fachs, mit Kraft und auch Humor, aber irgendwie besonders sein wollend und dann doch nicht erfüllend.

Der Service am Eingang mit ewig warten in der Schlange, dann freie Platzwahl in der Preisgruppe, doch unklare Sitzplätze, da die Kategorien unklar beschriftet sind. Zwar viel Frischluft in der nur 75 Minuten Show, doch Mantel und Schal anziehen im Hochsommer wäre dabei angebracht. Gut besuchte 300 Plätze.

Barbu Wagner Ring 20160703 5 London © Frank Wesner_

Wagners Ring Cycle

Anschließend aber noch den Schluss der konzertanten „Götterdämmerung“ nebenan im Konzerthaus unten in der Lounge mit anderen Campern lauschen, bringt dann einen großen Kontrast und Kulturgenuss mit Erinnerungen. Grundsätzlich ein tolles Angebot, im Trockenen eine Liveübertragung aus dem Saal darüber zu sehen und zu lauschen. Viele hatten sich die Zeit genommen!

 

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Kinder spielen erwachsene Gangster – wie im Film

Wie sehr freue ich mich heute auf ein Wiedersehen und Wiedererleben! Leider noch nicht im West End, fast komplett ausverkauft, mindestens 8 Mal die Woche und nur Kinderdarsteller auf der Bühne.
Erst „Bugsy Malone“ im Lyric Hammersmith London und anschließend erstmals ins „Spiegeltent“ in Southbank. Was auch immer „Barbu“ und „Cirque Alfonse“ bedeutet …

Alles ein Theater - von und mit Frank Wesner

Der Alan-Parker-Film von 1976 jetzt live auf einer Londoner Theaterbühne. Im Lyric Theatre in Hammersmith (nicht West End). Zwei kriminelle Banden rivalisieren und eine Music Hall ist mitten drin. Doch alle Erwachsenen werden nur von Kindern gespielt! Da können die Londoner was. Nachwuchs wird gefördert und hat teilweise schon Erfahrung. Denn wohin mit den Matildas, Simbas, Billys etc., wenn sie aus den Bühnenrollen entwachsen? Sie spielen in einem großen Kinder- und Jugendlichen-Ensemble Erwachsene!

Bugsy Malone im Lyric Hammersmith London Bugsy Malone im Lyric Hammersmith London

Das macht Spaß, hat immer eine Portion Selbstironie mit Schlagsahne, die Inszenierung ist witzig, die Musik ist flott, das Banjo schelmisch aufgelegt, das Licht theatralisch super und die Soundanlage eine Freude. Zum Glück wird aus dem Film dann Theater, wenn die mit Farbe spritzenden Gewehren Erschossenen sich beschwehrend wieder aufstehen und mit „Oh no!“ kommentieren. Große Show mit Tretautooldtimern.

Das da nur drei Besetzungen in den Hauptrollen für 8 Vorstellungen die Woche reichen?…

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Lust- und gehaltvoll

„Kinky Boots“ im Adelphi London ist einfach ausgezeichnet und unbedingt anzuschauen. Eine Geschichte, weit mehr als nur um pervers lange und bunte Schaftstiefel. Es geht um Respekt, Mit- und Füreinander. Und etwas wagen, was die Darsteller reihenweise machen.

Einziger Kritikpunkt: Der Termin der deutschsprachigen Erstaufführung ist noch nicht bekannt. Eine SCHANDE ist das.

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Kann man mögen: Sunny Afternoon im Harold Pinter Theatre London

Komplett ungeplant und zufällig: Erst am Sunny Afternoon „Sunny Afternoon “ mit den Kinks – gefolgt auf Schritt und Tritt von Kinky Boots.
Nicht meine Musik, aber die Zuschauerreaktionen sind beeindruckend. Dazu Kritik an die gandenlose Musikbranche, zu viel Ruhm und wenig Geld sowie an Regulierungsamerika. Das gefällt vor allem Briten.

Alles ein Theater - von und mit Frank Wesner

4 Olivier-Awards (bestes neues Musical, bester Hauptdarsteller, bester Nebendarsteller, Musikalität) und Zuschauer 50plus, die förmlich aus sich herausgehen und komplett mitgehen. Mir ging es nicht so. Einfach nicht meine Musik (60er Jahre).

Trotzdem eine sehr gut gemachte Rebellengeschichte, eine 4er Band, die sich durchsetzen muss. Das dabei alle Darsteller selbst die Musik machen liegt auf der Hand. Nur zwei Musiker gibt es, die nicht mitspielen. Alle anderen wechseln nicht nur die Rollen, sogar die Instrumente. Und ich mochte die beiden Posaunen. Genialer Sound, wenn auch das Rascheln der neuen Papiertüten, wo die Bestellung in die Reihen gebracht wird (Dank Kellner und modernen mobilen Applikationen) einfach nur nervend ist.

Aber eigentlich habe ich mich die ganze Zeit gefragt, wie sie das mit den Männerhaaren hinbekommen haben. Sind das Perücken oder trägt der Musicaldarsteller in einem fast ausverkauften Long-Run heutzutage lange Haare?

Sunny Afternoon 20150907 Harold Pinter Theatre London - Banner

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Sunny Afternoon wieder am sonnigen Nachmittag

Die reale Geschichte der Londoner Rockband Kinks, ihr Ruhm, Amerika und die Probleme mit sich selbst wird durchaus spannend und emotional erzählt. Das gesamte Ensemble wechselt ständig zwischen Spieler und Musiker – oder sind es sogar gleichzeitig. Handgemachte Musik nah am Zuschauer im kleinen Drei-Ränge-Harold-Pinter-Theatre.
Doch wenn über 50jährige (und ältere) begeistert von den Sitzen springen, dann ist Magie mit dem gewissen Quentchen Mehr im Raum bei „Sunny Afternoon“.
Nicht meine Musik, aber ein Stück mit Haltung und Meinung, genau gearbeitetes Theater mitten am und für den Zuschauer.

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Sunny Afternoon im Harold Pinter Theatre London

Sunny Afternoon
Uraufführung am 01.05.2014 im Hampstead Theatre, London (dort bis 24.05.2014); anschließend im Harold Pinter Theatre, London (04.10.2014 – 29.10.2016), wo es 2015 mit vier Olivier Awards ausgezeichnet wurde.

Genie-Show und auch nicht: Aladdin

„Aladdin“ aus der Disney-Mache ist ein sehr gut gemachtes Musical, doch der Titelheld trägt es nicht so wie sein Lampengeist, der Genie genannt wird. In London steht auch der Import vom Broadway, Trevor Dion Nicholas, wieder in der Rolle auf der Bühne. Neben den erfahrenen Darstellern haben mir auch das junge Paar, Dean John-Wilson und Jade Ewen, sehr gut gefallen.
Nebenbei einmal sehr erfreulich, dass diese Aufführung kein Tattoo-Problem hat wie heutzutage leider viele andere. So bleiben die Körper nicht privat, sondern werden zu Theater und einer fiktiven Geschichte.

Und leider ist die gesellschaftliche Botschaft im besonderen, heraus stechenden Lied „Proud of My Boy“ leider nicht im Stück zu entschlüsseln. Entwickelt also dort nicht die Bedeutung, die diesem Lied eventuell später einmal zuteil wird.

Wenn nicht der ganze Bühnen- und vor allem Kostümzauber (was für Stoffe und wie die Kostüme wandelbar sind), könnte ich von der Bühnenfassung enttäuscht sein.

Der fliegende Teppich an den Spiraldrähten(?) ist eine technische Sensation. Und wegen dieser Szene muss das kleine Orchester unter einem abdunkelnden Tuch im Orchestergraben die ganze Zeit über spielen …

Das Prince Edward Theatre London ist ausverkauft und zwei Stunden vor der Vorstellung wird der Verkauf der Sitzplätze der ersten Reihe per Lotterie verlost. Viel Glück!

Erste Klasse reisen mit der Guildhall

Nahezu perfekt, groß, aufwändig. Die Guildhall School übertrifft sich mit „On the Twentieth Century“ im Silk Street Theatre London (was am Barbican liegt) einmal selbst.Ein Pleiteproduzent will im Zugseparee des Schnellzugs Twentieth Century (Chicago – New York in nur 16 Stunden mit wenigen Zwischenhalten) seine Ex überreden, Star seiner neuen, noch nicht einmal inhaltlich erdachten Produktion zu werden. Doch sie trifft mit ihrem Filmpartner ein und seine zwei Presseagenten finden per Zufall eine fanatisch religiöse Geldgeberin, die an Schecks gerne noch eine Null mehr anhängt … Reichlich Möglichkeiten für Aktionen und Action im Zug und bei Rückblenden gibt es in immer neuen Kostümen riesengroße Shownummern.

Das so eine Produktion nie vom West End aufgekauft bzw. übernommen wird? Das ist komplett unverständlich.

Die Studenten spielen nur eine Woche ensuite acht Vorstellungen. Leider können sie teilweise gar nicht so hervorragend singen, wie ich das sonst gewohnt bin. Aber spielen, tanzen, Timing – alles erste Klasse.

Mein Tipp: Immer Ende Juni und Anfang Juli gibt es ein Musical an der Guildhall. Erste Informationen ab Ende Dezember, ab April dann gibt es die Karten.

erstklassige Klassiker

Ein wunderbarer Nachmittag in einem modernen, großzügigen Theaterbau – für mich mein erster Ausflug nach Bromley. Der Stadtteil im Südosten Londons, wo „Bend It Like Beckham“ unter anderem spielt.

Im Churchill Theatre gastiert für zwei Wochen die Konzertshow „That’s Entertainment“. Mehrere Themenblöcke präsentieren, singen und tanzen die 2+2 Solisten sowie die 4 Tanzpaare. Ständige Kostümwechsel und großartige Choreographien täuschen über die einfache Bühne hinweg (Dank Licht und Zwischenhängern aber etwas wandelbar.) Auf dem Plakat sind andere und vor allem große Treppen zu sehen …

Leider ist kein Live-Orchester dabei. Auch kein kleines. Wirklich schade, denn es klingt erstaunlich viel nach Konserve. Aber sie sind zauberhaft auf der Bühne, mit Präsenz, Können und Ausstrahlung dabei.

Ein Stargast wird für das jeweilige Gastspiel eingebaut. Und Ruthie Henshall ist ein West End Star, der aus Bromley stammt und als Polly Baker in „Crazy For You“ (ebenfalls Gershwins) berühmt wurde und ich u.a. als Marguerite im grandiosen, gleichnamigen Musical und als Mrs Wilkinson in „Billy Elliot“ erleben durfte.

Tolle Szenen, erstklassige Künstler und Standing Ovations im Vororttheater.