Überraschungsmusical im Überraschungs-Palast

Weil mir das sonst wieder kaum einer glaubt, stelle ich das Bild einfach mal online. Ein Zitat aus einer Veröffentlichung von Hekticket.
Hekticket finde ich in Berlin immer noch unterschätzt, wenn ich da an London (oder New York) denke. Mehrere Eintrittskartenagenturen bieten an, was geht, nur um eigenen Umsatz zu machen – und wollen dem Kunden nicht wirklich was bieten. Da haben sie kein Interesse daran und sind von den unvorbereiteten Massen an Zuschauern eher genervt. Aber Umsatz ist Umsatz. Da verdienen sie dran. TKTS nimmt GBP 3,- am Tag der Vorstellung! (Oder war es nur 1,-?)
Mittel zum Zweck sind dabei die noch nicht verkauften Theaterplätze. Also rein in Schauspiel, Musical & Co.

Ich gehe zwar meistens in London zu den Theatern selbst und bekomme eventuelle Restplätze günstiger. Mit etwas Glück. Weil allen klar ist: Ich gebe eine bestimmte Menge an Geld aus. Die Frage ist nur, wer das am Ende des Tages bekommen hat.

Und in Berlin schaue ich ständig bei Hekticket vorbei und entscheide dann spontan, was ich mir am Abend ansehe. Wer also da nicht vorkommt, da komme ich dann nicht vorbei. Ganz einfach.

Also viel Spaß mit dem Überraschungsmusical im Überraschungs-Palast. Bei einfachster Link-Recherche erschließt sich sofort, dass es sich dabei um „Der Glöckner von Notre Dame“ im Theater des Westens handelt. Ein Angebot, was es vorher für „Sister Act“, „Hinterm Horizont“, „Blue Men Group“ und anderes der Stage Entertainment auch schon gab.

Last Minute Tickets Heute via HEKTICKET mit Überraschungsmusical im Überraschungs-Palast (Musical) 20170430 Disneys Der Glöckner von Notre Dame im Theater des Westens, 10623 Berlin, K

Last Minute Tickets Heute via HEKTICKET mit Überraschungsmusical im Überraschungs-Palast

Rückblick April 2017

Die ersten vier 2017er-Monate sind schon vergangen und die ersten 114 Theatervorstellungen plus etliche Kinofilme erlebt.
Der April 2017 hatte höchstwahrscheinlich 4 Operettenpremieren (u.a. „Der Kellermeister“ (OperatTee), „Der Talisman“ (Oper Graz)) plus eine Wiederaufnahme.
8 Wiederaufnahmen gab es im Musical und 38 Musicalpremieren inklusive 9 Uraufführungen. Da wären beispielsweise SWING MR. JURMANN – BRIEFE AN VERONIKA (Loft vom Theater Bielefeld, Text & Regie von Nick Westbrock, Musik von Walter Jurmann, mit Navina Heyne),
„Goethe! Auf Liebe und Tod“ (Neue Aula, Folkwang Universität der Künste Essen),
„Das fliegende Klassenzimmer“ (Theater Vorpommern Greifswald),
„Kopfkino“ (Neuköllner Oper Berlin, Kooperation mit dem UdK-Studiengang Musical/Show, von Thomas Zaufke (Musik) und Peter Lund (Text)),
„Zwei Zimmer, Küche: Staat! Ab heute wird zurückregiert“ (Kabarettkomödie mit Live-Musik in der Distel Berlin)
Aber auch Erstaufführungen wie „Ordinary Days“ (Theatercouch Wien), „Der Glöckner von Notre Dame“ (Theater des Westens Berlin) und [Titel der Show] (F101 im Admiralspalast in Berlin) zeigen Vielfalt.
Alles kann ich wohl nicht sehen, aber von vielem wohl wissen …

Ausblick auf den Mai 2017

Ca. 40 Musicalpremieren plus 2 Wiederaufnahmen und 3 Übernahmepremieren inklusive 8 Uraufführungen und 2 deutschsprachige Erstaufführungen bietet der Mai 2017. Irgendwie fehlen noch die Meldungen für Operetten.
Interessant werden vielleicht und hoffentlich „Rum und Wodka“ am Theater Vorpommern Stralsund,
„Murder Ballad“ im Kasino am Kornmarkt Trier,
die Übernahme „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ der Theater&Philharmonie Thüringen jetzt in Altenburg (im Juni dann wieder 5x im Prinzregententheater München),
die DSE „Ein hässliches Spiel“ („Dogfight“) am TfN in Hildesheim,
die Uraufführung „Das Molekül“ in Bielefeld (Komposition und musikalische Leitung: William Ward Murta, Regie: Thomas Winter),
am gleichen Abend starten sowohl „The Producers“ am GHT in Görlitz und „Zorro“ an den Landesbühnen Sachsen Radebeul,
das Brass-Musical „In 80 Tagen um die Welt“ in Luzern,
und das Mundartmusical „Monnem – doi Musical!“ am Rhein-Neckar-Theater Mannheim.
Letztmalig (vorerst) das extrem erfolgreiche „Kopfkino“ an der Neuköllner Oper Berlin und es hört „Carousel“ auf zu drehen im Coliseum London mit der English National Opera ENO (7.4.-13.5.) – eine großartige Inszenierung, die einfach vom Stadttheater adaptiert werden könnte, wenn man wollte.
Welche Produktionen wären noch hervorhebenswert?

[titel der show] in Berlin gefeiert

Was braucht es mehr für ein Musical als vier Darsteller und einen Mann am Klavier? Am 23. April 2017 im F101 vom Admiralspalast in Berlin ist diese Besetzung genau richtig für die deutschsprachige Erstaufführung [titel der show] von Jeff Bowen und Hunter Bell. 200 Zuschauer feiern die Protagonisten – eine privat initiierte und realisierte Produktion. Chapeau!

Und das Erstaunliche: keiner muss die ganzen Verweise kennen, um den kreativen Schaffensprozess eines Musicals im gespielten Musical zu verstehen. Zwar wird einiges zitiert, aber die Geschichten und Gedanken erzählen sich auch so, ohne tiefere Kenntnisse von Festivals, Broadway oder Personen zu haben.

Deutsche Übersetzung, Produktion & Regie: Robin Kulisch, im Auftrag von Rodgers & Hammerstein Theatricals Europe; Silvia Varelli (Choreografie und Musical Staging), Daniel Unger (Ausstattung) und Martin Siemann (Licht)
mit Dennis Weißert (Hunter), Alexander Soehnle (Jeff), Annika Henz (Heidi), Franziska Kuropka (Susan) und Damian Omansen (Larry, der Pianist, musikalische Leitung & Produktion)

Kaiser & Plain mit neuem Programm

Mit Kaiser & Plain an einem Abend nachdenken über die „Liebe in Zeiten von so lala“. Das Duo war wieder zu Gast im BKA Berlin (die scheinbar das Gespann fördern). Abwechslungsreiche Lieder zu einer variantenreichen Stimme – eine wirklich gute Mischung. David Kaiser am Flügel dabei immer ein Schritt voraus, der seine singende Partnerin Virginia Plain mittels mobiler Nachrichten auf den Weg schickt, ihrem Singledasein ein Ende zu bereiten.

Natürlich waren die drei Musicallieder ein Highlight für mich. Und für Memory bzw. „G-Punkt“ wünschte ich mir noch eine weitere Strophe. Aber eben auch der wunderbare Umgang unterhält gekonnt das zahlreiche Publikum unter dem Kreuzberger Dach BKA.

Kaiser & Plain - Liebe in Zeiten von so lala 20170301 BKA Berlin - Banner

Kaiser & Plain – Liebe in Zeiten von so lala – ab 1. März 2017 – auch im BKA Berlin

21 Fotos [titel der show]

21 Fotos geben einen ersten Einblick, was [titel der show] sein kann und wird. Deutschsprachige Erstaufführung am 23. April 2017 im F101 im Admiralspalast in Berlin
Musical von Jeff Bowen & Hunter Bell, Deutsche Übersetzung, Produktion & Regie: Robin Kulisch, im Auftrag von Rodgers & Hammerstein Theatricals Europe; Silvia Varelli (Choreografie und Musical Staging), Daniel Unger (Ausstattung) und Martin Siemann (Licht)
mit Dennis Weißert (Hunter), Alexander Soehnle (Jeff), Annika Henz (Heidi), Franziska Kuropka (Susan) und Damian Omansen (Larry, der Pianist, musikalische Leitung & Produktion)

Zwei Musicalautoren schreiben ein Musical über zwei Musicalautoren und zwei Freundinnen, die ein Musical erfinden. Mit viel rasanter Situationskomik und einer Menge lustiger Verweise.

Coming Out im eigenen Kopfkino

Kopfkino

Ein musikalisches Filmprojekt. Oder ein filmisches Musical. Von Thomas Zaufke (Musik) und Peter Lund (Text)

Uraufführung 13. April 2017 an der Neuköllner Oper Berlin – bis 14. Mai 2017

Peter Lund – Regie | Hans-Peter Kirchberg & Tobias Bartholmeß – musikalische Leitung | Neva Howard – Choreographie | Daria Kornysheva & Zoe Agathos – Ausstattung

Mit Adrian Burri, Jasmin Eberl, Markus Fetter, Jonathan Francke, Linda Hartmann, Lisa Hörl, Friederike Kury, Helge Lodder, Lisa Katharina Toh, Nico Went

furios fast schnell

Warum werben sie eigentlich mit dem Hashtag #F8 und nicht mit #FF8 für „Fast & Furious 8„, der im Orignal „The Fate of the Furious“ heißt? Entstanden ist ein teuer produzierter, knallharter und mächtig auf supercool machender Action-Agenten-Film. Der setzt auf die bekannten Charaktere und stellt immer wieder die Fragen nach Familie und Gruppenzugehörigkeit in den Raum. Doch eigentlich geht es um eine Hymne auf den Einzelnen, dem für seine (guten) Ziele alles erlaubt wird. Er darf sogar die Seiten wechseln, ein verstecktes Nebenspiel spielen und dann gehört er wieder zur Gemeinschaft. Erschreckende Vorbilder, die vorgeben, an andere zu denken.

Dominic Toretto (Vin Diesel) wird von der supersuperbösen, eigentlich Identitätslosen Cipher (Charlize Theron) mit Exfreundin & Kind erpresst, zu ihrer Seite zu wechseln, um mächtige Waffen bishin zu Atomraketen in ihren Besitz zu bekommen. Um die beiden zu stoppen, werden nun Torettos Freunde von einem großartigen Mr. Nobody (Kurt Russell) zusammengetrommelt, mit vielen Waffen und schnellen Autos immer wieder ausgestattet und ein wenig auf der Welt umher geschickt. Dabei wird ziemlich viel Schrott produziert und pausenlos Menschen aus versehen oder mit Absicht umgebracht. Selbstironie nur dosiert eingesetzt.

Und mittels „Freunde“ an seiner Seite kann Toretto sein Baby befreien, Cipher nicht fangen (Achtung Fortsetzung) und bei Luke Hobbs (Dwayne Johnson) auf der ungesicherten Dachterrasse zum Grillen einladen.

Das eigentlich einzig Gute war, dass die Böse Charlize Theron alle Computer gesteuerten Autos starten und aus Parkhäusern auf die Straße stürzen lassen konnte. Wollen wir das wirklich?

Wenn die Berlinszenen nur halbwegs etwas mit der Stadt zu tun gehabt hätten. Aber so. Aufwändig und teuer produziert, wird die Ode an das starke, andere anleitende Individuum, womit der Zuschauer sich gerne identifiziert, schon schnell & furios das Geld aus den Taschen locken. Zum Glück bietet ja das Kino die Aufteilung der Welt in die Guten und in die Bösen und lenkt vom Hinterfragen der Zusammenhänge gekonnt ab. Aber der Wahnsinn hat noch kein Ende: die nächste zwei Teile sind in der Planung

Fast & Furious 8 (The Fate of the Furious)

Kinostart Deutschland am 12. April 2017 – im Verleih von Universal Pictures International Germany

Regie: F. Gary Gray, Drehbuch: Chris Morgan
Dominic Toretto: Vin Diesel | Luke Hobbs: Dwayne Johnson | Letty Ortiz: Michelle Rodríguez | Roman Pearce: Tyrese Gibson | Elena Neves: Elsa Pataky | Tej Parker: Chris Bridges | Mr. Nobody: Kurt Russell | Deckard Shaw: Jason Statham | Ramsey: Nathalie Emmanuel | Cipher: Charlize Theron | Eric Reisner: Scott Eastwood | Magdalene Shaw: Helen Mirren | Rhodes: Kristofer Hivju

Wo sind die Produzenten?

Die Vielfalt und das Nebeneinander macht es. London bietet mega große bis zu ganz kleinen Produktionen, von wenigen Vorstellungen bis zu Open End. Manches fast unbezahlbar, manchmal für das wenige Geld fast hinterher geworfen.
Oft wird beklagt, dass die Zuschauer – von den Medien gestützt – sich nur das ansehen, was alle anderen auch sehen wollen. Anstatt sich selbst zu informieren, was einen interessieren könnte. Auch nur dort hinzu gehen, wo ein bekanntes Gesicht aus Fernsehen oder Film auf der Bühne steht. Und eben drei Mal in der Woche nachmittags zu spielen, weil die älteren Zuschauer gerne sich dort verabreden und die eben das Geld haben und den Zuschauerraum füllen – neben den ganzen Touristen, denen oft einfach irgendwas verkauft werden kann und wird.

Jedenfalls stelle ich fest, dass nach einem Jahr die Theater wieder voll sind. Letztes Jahr im Frühjahr war eine Katastrophe, weil fast ein Drittel aller Theater leer stand und die neuen Produktionen noch nicht spielten. Viele Produktionen machen auf ihrer Tournee gerade für länger Halt im West End. Viel selten gespieltes ist zu sehen.

Viele Vorstellungen sind auch richtig gut verkauft – bis hin zu oft auch ausverkauft. Manches richtig Gutes ist auch leer. Und das auf engem Raum angesiedelt. Ohne groß reisen zu müssen. Und mit Angeboten für Eintrittskarten. Einfach FRAGEN! Und gut planen!

Viele Produktionen würde ich gerne sofort in Deutschland spielen. Wir haben die entsprechenden Bühnen und die ebenso passende, qualifizierten, erfahrenen oder auch bekannten Darsteller (fast alle). Doch uns fehlen die Produzenten, die eine Produktion sich trauen, aus London zu übernehmen, neu zu besetzen und damit wieder Geld zu verdienen (und Arbeitsplätze zu schaffen). Oft auch fehlen die Regisseure, Choreographen, Bühnenbildner, Lichtgestalter, Sound Designer und VOR ALLEM die Kostümbildner, die solch schlauen Inszenierungen durchdenken und gestalten. Musikalische Leiter hätten wir für wesentlich größere Orchester, doch in London wird mit dem oft genialen Sound dermaßen das Ohr überwältigt, dass der Zuschauer ein zahlenmäßig größeres Orchester in London selten verlangt. Aber sich freut, wenn es denn einmal da wäre. Die Musik tritt also eindeutig als Begleitung in den Hintergrund.

Produktionen werden im Kino übertragen oder für Bildtonträger aufgezeichnet. Das scheint dem Zuspruch im harten Kampf, um das Geld der Zuschauer nicht abträglich zu sein. Mal sehen, ob sie den Verkauf von Eis und anderem wieder im Zuschauerraum zurückfahren. Jedenfalls ärgert es die Darsteller immer mehr, dass nicht ihr Bühnenprogramm genossen wird, sondern eher die Tüte Chips mit einem Blick auf die neues Mobilnachrichten… Selber Schuld, wenn sie eben mit Verkauf im Zuschauerraum ihr Publikum so schlecht erzogen haben.

Übrigens: Durch die Flut an Mobilfunktelefonen (selten gibt es vorher ein erinnerndes Klingeln), ist es inzwischen entspannter, im Theater zu fotografieren …

Und was weiterhin extrem nervt: es gibt von manchen Produktionen parallel bis zu drei (und vielleicht auch mehr) verschiedene Flyer! Wer soll da den Überblick behalten? Und braucht man verschiedene? 
Was wird das Musicalarchiv damit anfangen können?
Und natürlich: einen aktuellen habe ich vergessen zu fotografieren. Wer ist es diesmal?

Am Ende haben die Dreamgirls ausgeträumt

Es hatte doch geklappt und ich durfte mir für „Dreamgirls“ eine Eintrittskarte in der ersten Reihe für super günstige 15 Britische Pfund kaufen. Eigentlich überglücklich erreichte mich die aalglatt durchlaufende Showbusinessgeschichte dann doch nicht ganz. Schade. Alles sehr gut gemacht, aber die Seele vom Ganzen finde ich unterbelichtet und die Inszenierung überbewertet.
Auch Fernsehstar Amber Riley als Sängerin Effie White spielt alles gerade auf den Punkt, aber keine Zwischentöne, Wendungen, Überraschungen. Das ist schwach. Und ihre privaten Armtatoos stören, wenn sie bei Gesten breit präsentiert werden. Das Ensemble ist durchaus stark – besonders die Männer in einem Musical über starke Frauen! Auch wenn alles nur flüssig und äußerlich wirkt, werden erstklassige, starke Momente gesetzt. Aber auch nicht mehr.

Regisseur Casey Nicholaw setzte auf den einfachen Publikumsgeschmack mit schönen langen und lauten Tönen, wo dann der erwartete Szenenapplaus automatisch einsetzt. Der musikalischer Leiter am Keyboard begleitet brav und der Sound von Richard Brooker ist um Längen zu laut – bis es schmerzt! Gerade in London bekommt der Zuschauer Differenzierteres geboten. Hugh Vanstone macht mit Licht die ganzen Szene mittels vier fahrbarer Lampenpanelen. Denn das kaum vorhandene Bühnenbild von Tim Hatley besteht bestenfalls aus Streifenvorhängen oder schwarz-grauen Wänden. Es war sicher teuer, sieht aber billig aus.
Die Kostüme von Gregg Barnes sind auch mittels der Überraschungen in Blitz schnellen Verwandlungen der Knaller und lenken gekonnt vom ärgerlichen Bühnenbild mit drei minikleinen fahrbahren Podesten ab.

Die Eintrittskarte in der ersten Reihe hatte ich nach mehreren Versuchen gewonnen bei der Mobillotterie via TodayTix. Doch das macht mir keinen Spaß und finde das nur nervig. Ab vier Stunden vorher werden die Gewinner aus einer unbekannten Anzahl von Teilnehmern gezogen. Jeweils eine Stunde Zeit zum Bezahlen via Kreditkarte. Verfallene Tickets bekommen welche, denen nicht gleich abgesagt wurde. Die bekommen erst zwei Stunden vorher die Nachricht, dass sie umsonst auf die Vorstellung gehofft haben. Mir gefällt das System so nicht. Vor allem, weil so kurzfristig entschieden wird.

Nach 19 Jahren wieder gut, „Dreamgirls“ mit Musik von Henry Krieger und Buch von Tom Even gesehen zu haben. Es gibt Besseres in London zu sehen und einige wichtigere Produktionen, die auch etwas erzählen wollen und können.

Dreamgirls
Musik: Henry Krieger | Buch & Text: Tom Even

Premiere am 14.12.2016 im Savoy Theatre, London

Inszenierung & Choreographie: Casey Nicholaw | Musikal. Supervision: Nick Finlow | Bühnenbild: Tim Hatley | Kostüme: Gregg Barnes | Licht: Hugh Vanstone | Sound: Richard Brooker

Zwei Männer und eine Miss Nightingale

Wieder eine Inszenierung und ein Erlebnis, was ich mit Berliner Künstlern aber sofort in Berlin zeigen würde: „Miss Nightingale – the Musical“. Diese Aufführung hätte sofort Plan A sein müssen – ein Glück, es gesehen zu haben.

Vor dem Beginn geht es denkbar schlecht los: Der Eingang unter dem riesigen Bahnhof Waterloo ist nicht der Zugang zum Theater im Bahnbogen. Eintrittskarten gibt es auch nicht. Dann warten, wo keine Plätze sind, worauf dann der Zugang zur Lounge geöffnet wird, wo es alte Ledersofas gibt, aber noch nicht der Saal mit den unnummerierten Plätzen ist. Erst keine Programmhefte zu finden – nur Plakate.

Doch es geht weiter tief hinein in den Bahnbogen. Tische oder Kinosaalbestuhlung wartet, die Darsteller verkaufen Schokolade und Programmhefte im Stile der 1940er als Ration Book. Und mit Klavierbegleitung tauche ich für zweieinhalb Stunden in eine bittere Zeit ein. London, während des zweiten Weltkriegs. Impressario Frank bringt einen neuen Star in seinem Cabaret heraus: Miss Nightingale. Ihre Auftritte bilden den Rahmen für seine Geschichte. Großartige eindeutig zweideutige Songs, wo es nicht nur „um die Wurst“ geht.
Er verliebt sich in ihren Mitbewohner George, eigentlich der aus Polen über Berlin emigrierte Jurek, wird dann wegen seiner Homosexualität erpresst und will zum Schein Miss Nightingale heiraten, die wiederum schwanger von ihrem Freund Tom verlassen wurde. Doch sie ahnt nicht, dass sie benutzt wird, will doch ihn aber auch nur ausnutzen. Das bietet Stoff für reichlich spannende Szenen und wunderbare Lieder, die teilweise sogar wie parallel ablaufen. Wunderbar viele Ideen!

Und das Besondere: neben dem Autor & Komponisten sowie seinem mitproduzierenden Ehemann spielen alle sechs Darsteller auch alle Instrumente. Was eine ganze Menge sind und selbst ein Banjo erklingt.

Dass das alles so flüssig, locker und präzise ist, liegt auch daran, dass es inzwischen die fünfte Inszenierung ist. Es erinnert sehr an Cabaret von einem anderen Blickwinkel. Den sollten viele unbedingt erlebt haben!

Eher verlieren sie ihr Life

Im Southwark Playhouse erinnert einiges im Raumspiel an berühmte Vorgängerinszenierungen: ein großes Ensemble bespielt den als U-Form eingerichteten Zuschauerraum. Klare Kostüme erzählen die Figuren, die den fast leeren Raum für sich klar behaupten. Die Microports erlauben viel Bewegung – der Sound ist außergewöhnlich gut: Die Darsteller können sich auf Szene und Tanz konzentrieren, und trotzdem hören alle drei Seiten sie laut, klar und zielgerichtet.

Bei „The Life“ gibt es auch ein Wiedersehen mit dem Frankfurter Sam Wheat aus „Ghost“, John Addison, der mit dem vorwegnehmenden Prolog neugierig macht auf die Einzelnen. Die Schlauen beuten die Dummen aus. Alle kennen das Spiel und spielen mit. Keiner gewinnt. Eher verlieren sie ihr „Life“. Und haben es verdient.

Cy Colemans stilvolle Abrechnung mit Prostituierten, Zuhältern und Drogenhändlern schafft erstaunlich wenig Verständnis bei gleichfalls hoher Faszination (Regie: Michael Blakemore, Choreographie: Tom Jackson Greaves). Tamara Saringer ist ihrem Miniorchester über der mit Möbeln und fahrbaren Spielpodest eher spärlichen Spielfläche versteckt.
Ein starkes Ensemble überzeugt in den vielen unsympathischen Momenten.

The Life
Premiere am 29.03.2017; 25.3.-29.4.2017 im Southwark Playhouse London

grandios komischer Bankraub

Die Mischief Theatre Company hat mit „The Play That Goes Wrong“ einen internationalen Erfolg, so dass als dritte Produktion im West End am 21. April 2016 „The Comedy About A Bank Robbery“ im Criterion Theatre folgte.
Und was da die neun Darsteller plus drei weitere in stummen Rollen entfesseln, ist Kunst und Stück, ein Kunststück voller Raffinesse, ein Feuerwerk von Einfällen und Präzision. Gerade hat erst ein neues Ensemble übernommen, wo nur noch zwei der Originalbesetzung dabei und die drei spielenden Autoren nicht mehr dabei sind.

Sehr gut verkauft, aber am Sonntag Abend nicht ausverkauft. Viel Sprachwitz, grandios behauptete Verwechslungen, unendlich viel Situationskomik. Plus die großartigen, artistischen Perspektivwechsel, wenn es dann zum Einbruch in den Tresorraum der Bankfiliale kommt. Dann ist aber noch nicht Schluss und es geht mit der zweiten Verfolgungsjagd weiter, bis es zum Showdown im Klappbettappartment kommt.

Zwar ist die Mischief Theatre Company gerade mit dem Kopieren ihres „Play That Goes Wrong“ beschäftigt – zur Feier des Tages meines zweiten Besuchs war Broadwaypremiere auch mit den Autoren in ihren Rollen des ersten „Plays“. Wahrscheinlich sind die Rechte der „Bank Robbery“ eine sichere Bank, aber schon vergeben – hoffentlich nicht an den erst besten Dieb …

Steppen und über sich hinaus wachsen

Ein Blick in die guten alten Zeiten, die nicht gut waren und gerade erst überstanden scheinen. Einmal wöchentlich wird in kleinem Kreise steppen geübt unter professioneller Leitung und mürrischer Klavierbegleitung.
Ein paar verborgene Gründe, dass sich die Damen und der eine Mann hier treffen, kommen ans Licht, vieles bleibt verborgen. Für mich bleibt da Richard Harris´ Schauspiel „Stepping Out“ leider stecken. Nicht dass ich Tanznummern erwartet hatte. Es gibt sogar am Schluss die Generalprobe für die Wohltätigkeitsgala und als Zugabe noch eine Glitzer-Stepp-Nummer. Doch es wird eben nur gezeigt, dass man einfach mal die Nachbarin FRAGEN hätte SOLLEN, was denn los ist.

Nun ist die Tournee, die vom 1. März bis 17. Juni 2017 im West End im 690-Plätze-Vaudeville-Theatre gastiert, mit erfahrenen, teilweise ausgezeichneten Musicaldarstellerinnen besetzt. Zwar entwickelt Maria Friedmans Inszenierung genaue Beobachtungen und Szenen, doch sie verschenkt das Potential der Schauspielerinnen, geht nicht tiefer oder ergänzt es durch musikalische Beiträge. Es wirkt, wie schnell einmal arrangiert.

2016/17 UK tour and West End production
Regie: Maria Friedman; mit Amanda Holden, Angela Griffin, Tracey-Ann Oberman, Tamzin Outhwaite, Nicola Stephenson, Judith Barker, Rose Keegan, Sandra Marvin, Jessica-Alice McCluskey, Dominic Rowan,
12.–22. Oktober Theatre Royal, Bath, 24.–29. Oktober Richmond Theatre London, 31. October – 5. November Cambridge Arts Theatre, 8.–19. November 2016 Chichester Festival Theatre; Transfer ins West End ins Vaudeville Theatre 1. März – 17. Juni 2017

Erfolg führt zu und mit Fame

Alle sechs Fame-Vorstellungen sind schon lange im Vorfeld ausverkauft. Trotzdem probiere ich es ins geliebte Bridewell Theatre, einer ehemaligen Badeanstalt mit ca. 120 ansteigenden Sitzplätzen, zu kommen, wo man wahlweise das Programmheft vom Regisseur oder Choreographen kaufen kann.
Ich bekomme ein Returnticket und sitze mittendrin in meinen Erinnerungen.

„Fame“ sah ich 1996 im Londoner Cambridge Theatre („Matilda“) zum ersten Mal. Und ich bin überrascht, wie gut ich die Filmadaption noch drauf habe. Mehrfach gesehen habe ich die Chemnitzer und die englische Tourneeproduktion im Berliner Schiller Theater.
Und ich staune, was alles in „Fame“ steckt. Wie die Exemplare von Charakteren sich zusammen finden müssen.

Das wirklich große, 30köpfige Amateurensemble der Centre Stage Company wandert hervorragend auf dem schmalen Grad zwischen Glaubhaftigkeit und Kunstfigur: „Fame“ ist der Streben nach Ruhm beim Lernen auf einer Hochschule.
Viele Ideen sind vom Regisseur Stuart James genau gesetzt, einige Soloinstrumente sind manchmal zusätzlich auf der Bühne und das Orchester spielt oben dahinter. Es gibt auch „There She Goes“ als Tango und eine Steppszene. Die Choreographien vom ehemaligen Starlight-Express-Ensemblemitglied Paul Brookland Williams sind einfach überwältigend. Individuell und als Teilgruppen geführte Szenen entwickeln sich schnell als große Nummern.

An den Machern kann jeder auch den Unterschied zu Deutschland leicht feststellen: Hier treten semiprofessionelle Darsteller unter der Leitung von erfahrenen Profis auf – und nicht unter talentierten Laien. Was hier die Profis vermitteln ist vielleicht keine West-End-Show, aber große Klasse und ein herausragender Erfolg.

Fame
Komposition: Steve Margoshes | Gesangstexte: Jacques Levy | Buch: Jose Fernandez

28. März 2017 bis 1. April 2017 – Centre Stage Company im Bridewell Theatre London

Regie: Stuart James | Musikalische Leitung: Hayden Taylor | Choreographie: Paul Brookland Williams & Samantha Herriot
Miss Sherman: Trish Butterfield | Ms Bell: Claire Linney | Mr Myers: James Newall | Mr Sheinkopf: Stewart McGhee | Carmen: Yvette Shiel | Iris: Sam Miller | Mabel: Nicole Seymour | Serena: Laura Ellis | Lambchops: Emma Newman | Tyrone: Dean James | Nick: Glen Jordan | Joe: Chris Cahill | Schlomo: Charlie Houseago | Goody: Jon Haines | Ensemble: Abi Drane, Alan Taemur, Andreas Hansen, Arbie Baguios, Ashlie Evason, Becky Thomas, Cristiana Paulo, Emily Goodman, Hannah Steiner, Julia Vinolo, Kate Winney, Kob Yeboah, Matt Cameron, Peter Stonnell, Vanessa Forte, Verity Richards