heimatliche Gefühle beim Sommerfest

Eine Liebeserklärung an seine Heimatstadt Bochum und das Ruhrgebiet hat Frank Goosen mit seinem Roman „Sommerfest“ 2012 geschrieben. Ruhrpottkind Sönke Wortmann formte daraus als Drehbuchautor und Regisseur mit einem genau beobachteten, Typen reichen, bestens spielenden Ensemble eine aberwitzige Tour in die eigene Vergangenheit. Mit den Fragen an die Ziele und Zukunft des Einzelnen. Dazu noch gespickt mit Running Gags und Selbstironie: „Sie sind Schauspieler – muss man sie kennen?“ Plus Witze über den Fernseh-Tatort, wo doch Hauptdarsteller Lucas Gregorowicz doch inzwischen im Polizeiruf 110 einen Kommissar spielt.

Stefan (Lucas Gregorowicz) trifft von Freitag bis Montag Jugendfreunde und sieht, wie sich eingerichtet haben im Ruhrgebiet. Er ist weggegangen nach München auf die Schauspielschule und ans Theater. Sie wollen weg und will er dorthin zurück? Was ist Heimat und könnte diese ihm etwas bieten, was er vermisst?

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Ein sehr gelungener Film und eine Liebeserklärung an die Wurzeln und Heimat – egal wo sie auch sein kann.

Sommerfest

Kinostart am 29. Juni 2017 im X-Verleih

Regie & Drehbuch: Sönke Wortmann
Stefan: Lucas Gregorowicz | Charlie: Anna Bederke | Toto: Nicholas Bodeux | Omma: Elfriede Fey | Olaf: André Rohde | Karin Tenholt: Sandra Borgmann | Frank Tenholt: Peter Jordan | Mandy: Jasna Fritzi Bauer | Bestatter Kunkel: Thomas Loibl | Diggo: Markus John | Dieter Mehls: Gode Benedix

Wortgefechte mit Bette & Joan

Dass sich die Berliner die Chance entgehen lassen und die Wortgefechte zweier Hollywooddiven verpassen, ist schon enttäuschend. Denn das Theater am Kurfürstendamm zeigt nach der deutschsprachigen Erstaufführung von „Bette & Joan“ im Hamburger Ernst Deutsch Theater (2. Juni bis 10. Juli 2016) nun als zweite das unterhaltende, spannende Starvehikel mit Manon Straché und Désirée Nick.

Die Ausstattung fast schon zu einfach: nur zwei nebeneinander liegende Filmgarderoben ohne Rückwände. Im Hintergrund werden kurze Filmsequenzen eingeblendet. Regisseur Folke Braband fand viele Farben für die über einen Drehtag verteilten Sticheleien. Die beiden wunderbaren Darstellerinnen lassen den Zuschauer ihre Nöte, Ängste und Intrigen nachspüren, was nicht nur am Umkleiden vor den Zuschauern liegt. Erstaunlich viele Monologe hat das Schauspiel von dem Briten Anton Burge.
Manon Straché glänzt als nicht glänzen wollende Bette Davis und macht den Unterschied zwischen Schauspielerin und Star klar. Désirée Nick will als Joan Crawford vor allem ihren Fans gefallen, ihnen etwas geben. Zwar scheint diese Rolle Désirée Nick auf den Leib geschrieben zu sein, doch Unterschiede zwischen ihrem öffentlichen Auftreten und die Darstellung der Crawford sind nicht fassbar. Spielt sie sich selbst oder noch eine Rolle?Bette & Joan 20170618 Theater am Kurfürstendamm Berlin - Plakat_

Diese Wortgefechten, die unterhalten und differente Seiten von Filmstars zeigen, sollten die Berliner unbedingt persönlich erlebt haben.

Bette & Joan
von Anton Burge, Deutsch von Stefan Kroner

Premiere am 18. Juni 2017 im Theater am Kurfürstendamm Berlin bis 23. Juli 2017
Eine Produktion des Ernst Deutsch Theater, Hamburg, in Zusammenarbeit mit dem Theater am Kurfürstendamm

Regie: Folke Braband | Ausstattung: Stephan Dietrich | Musikalische Leitung: Felix Huber | Kamera und Schnitt: Takis Pagonis
mit Manon Straché als Bette Davis und Désirée Nick als Joan Crawford

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Bette & Joan – Premiere am 18. Juni 2017 im Theater am Kurfürstendamm Berlin bis 23. Juli 2017

 

Ein Datingprofil nicht nur für Monsieur Pierre

Pierre Richard ist als Monsieur Pierre der große Held. War für ein bemerkenswerter Film, was für eine zeitgemäße Komödie: „Monsieur Pierre geht online“ – oder im Original „Un Profil pour deux“. Damit der eigenwillige Alte (Pierre Richard) besser überwacht wird, schickt die Tochter den arbeitslosen, aktuellen Freund ihrer Tochter dem Opa quasi als Computerexperten ins Haus. Pierre ahnt nichts vom doppelten Spiel, hat durch Alex (Yaniss Lespert) Lust auf die Welt des Internets und verwickelt ihn ins Datingabenteuer a la Cyrano.

Das hat ein furioses Timing und exzellentes Ensemble zu bieten. Autor und Regisseur Stéphane Robelin bietet unzählige Wendungen, Ideen und Situationen. Mehr als eine Komödie – das sollte schnellstmöglich auch auf die Bühne.

Auch Vladimir Cosma ist mit dabei als Filmkomponist, doch er lässt mir zu oft in die Saiten der E-Gitarre greifen. Und Richard-Enkel Arthur Defays ist als Simon auch klein mit dabei.

„Monsieur Pierre geht online“ (im Original „Un Profil pour deux“)

Kinostart am 22. Juni 2017 – 99 Minuten – Neue Visionen Filmverleih

Regie & Drehbuch: Stéphane Robelin | Musik: Vladimir Cosma
Pierre: Pierre Richard | Rolle : Alex: Yaniss Lespert | Rolle : Flora: Fanny Valette | Rolle : Sylvie: Stéphane Bissot | Rolle : Juliette: Stéphanie Crayencour | Rolle : Bernard: Gustave Kervern | Rolle : Marie: Macha Méril | David: Pierre Kiwitt | Madeleine: Anna Bederke | Produzent: Philippe Chaine | Simon: Arthur Defays

2 von 5 – die Darsteller als Garten Wunderbarer

Leider wird aus der fantasievollen Idee kein poetisch fantastischer Film. Denn bei DER WUNDERBARE GARTEN DER BELLA BROWN frage ich mich ernsthaft, warum ich mir diesen Autorenfilm ansehe. Schon der Prolog mit der Erzählerstimme könnte komplett entfallen.

Eine junge, in einer Bibliothek arbeitende Frau Bella Brown mit zwanghaften Ticks hält zwar ihr gemietetes Haus in Ordnung, lässt aber den kleinen Garten verwildern. Doch der Vermieter macht Druck, dies in Ordnung zu bringen, der griesgrämige Nachbar Alfie Stephenson hat schlaue Ratschläge und der Hauskoch Vernon von nebenan wechselt die Seiten zu ihr. Und wie sollte sie dem Charme des Konstrukteurs von mechanischem Spielzeug widerstehen? Trotz der zwei Geschichten um in Bewegung zu kommen und sich Verlieben zu können, bleibt es vor allem Spielerkino. Die Situationen sind witzig, Wendungen gibt es auch.

Neben Tom Wilkinson als weiser Mentor Alfie gibt es ein Wiedersehen mit Andrew Scott als Koch mit verführerischen Gerichten (ja und?) und Jeremy Irvine (Stonewall- und Gefährten-Hauptdarsteller Danny Winters bzw. Albert Narracott) als bebrillter Konstrukteur mit Nähebedarf und ohne Bibliotheksausweis gibt Jessica Brown Findlay die verpeilte und planlose Bewohnerin Bella Brown, was sie charmant und emotional gestaltet, aber auch ziemlich gradlinig. Und wie sie ist eben auch der Film: verpeilt, planlos, charmant, emotional, gradlinig.

Der wunderbare Garten der Bella Brown (This Beautiful Fantastic)
Kinostart: 15. Juni 2017, 92 Minuten
Regie und Drehbuch: Simon Aboud | Kamera: Mike Eley
Mit Jessica Brown Findlay als Bella Brown, Tom Wilkinson als Alfie Stephenson, Andrew Scott als Vernon, Jeremy Irvine als Billy, Anna Chancellor als Bramble, Sheila Hancock als Mother Superior u.a.

Billy-Elliot-Tournee gastiert

Die „Billy Elliot“-Tournee aus Großbritannien kommt erstmals nach Deutschland und gastiert vom 28. Juni bis 23. Juli 2017 im Mehr! Theater am Großmarkt Hamburg. Die Deutschlandpremiere ist am 29. Juni 2017.

Nicht deutschsprachige Theaterproduktionen sind nicht so häufig und wenn dann nicht für einen ganzen Monat in Deutschland. Es werden Übertitel geboten. Doch wenn der Aufwand, eine eigene Übernahme-Produktion oder Neuinszenierung zu stemmen, zu groß sind, ist eine Einladung zur aktuell reisenden Tourneefassung eine schlaue Idee. Das ist eigentlich der wichtigste Aspekt dieser Produktion. Andere Einladungen müssen folgen. Doch dazu muss „Billy Elliot“, was dem deutschen Publikum kaum bekannt sein wird, erst einmal ein voller Erfolg werden.
Es gäbe leerstehende Musicaltheater sogar in Berlin, Essen, Duisburg …

So gibt es eine Werbetour mit Haydn May als Billy und Henry Farmer als Box-Kumpel Michael (der ja ein Tutu haben möchte – sehr wichtig für das Finale!) mit Auftritten im Fernsehen und vor Fotografen. Am 9. Juni 2017 war Pressetag in Berlin und es ging auch auf die Bühne des Admiralspalastes, auch ein Theater des Koproduzenten Mehr!Entertainment.

Die deutsche Choreografin Nikeata Thompson mit britischer Geburt und westdeutscher Sozialisation tanzte spontane Hiphop-Elemente mit den beiden Zwölfjährigen.
Die umgebaute Halle am Hamburger Großmarkt hat Platz für bis zu 2400 Zuschauern. Ob das Wagnis gelingt? Zu wünschen wäre es. Besonders bei diesem großartigen Stück und Musical. Folgeeinladungen ausdrücklich erwünscht!

Billy Elliot

Musik: Elton John | Buch und Liedtexte – Lee Hall
Regie: Stephen Daldry | Choreografie: Peter Darling | Co-Regie: Julian Webber | Bühne: Ian MacNeil | Kostüme: Nicky Gillibrand | Licht-Design: Rick Fisher | Sound-Design: Paul Arditti | Musikalische Supervision und Orchestrierung: Martin Koch
Billy: Adam Abbou / Elime Gooding / Haydn May / Lewis Smallman | Mrs. Wilkinson: Anna-Jane Casey | Billys Vater: Martin Walsh | Tony: Scott Garnham | Großmutter: Andrea Miller | George: Leo Atkin | Mr. Braithwaite: Daniel Page | Billys tote Mutter: Nikki Gerrard | Der ältere Billy: Luke Cinque-White | Michael: Henry Farmer / Bradley Mayfield / Elliot Stiff / Samuel Torpey | Debbie: Lilly Cadwallender / Evie Martin / Italia Ross | Ensemble: Tom Brainbridge, Deborah Bundy, Jack Butterworth, Luke Clinque-White, Donna Combe, Wayne Fitzsimmons, Abbie Louise Harris, Ruri James, Leon Kay, Kiera Marner, Charlie Martin, Kris Manuel, Barnaby Meredith, Ben Redfern, Amy Rhiannon-Worth, Phil Snowden, Rachel Spurrell, Sebastian Sykes, Milan van Weelden, Luke Zammit | Ballett-Girls: Irene Bakuva, Lucy Browne, Bonnie Burgess, Isobelle Chalmers, Gabrielle Ellis, Olivia Floydd, PachaGreen, Leah Jennings, Erin McIver, Macie O’Brien, Lily Patterson, Danella Sloman, Lucy Summers, Nicola Turner, Acacia Villios, Soraya Walding, Andrea Webb, Anna William