Nun hat es sich ausgeträumt mit dem Wunder in Hamburg und ich wundere mich über mich. Hamburg ist von Berlin nicht so weit weg, aber ich habe mir die Produktion in über zwei Jahren nicht ein einziges Mal angesehen und nicht einmal wirklich vermisst. Schade eigentlich.
Viele Fragen werfen sich auf. Warum fahre ich nicht einfach mal so hin zum Hamburger Hafen und gehe spontan in eine Vorstellung? Ist das zu organisieren zu aufwändig? Liegt es an der Preispolitik des Produzenten Stage Entertainment mit den horrenden Vorverkaufsgebühren plus Ticket-bekommen-Strafzahlungen? Liegt es an der frechen Preiskategoriengestaltung? Zu oft habe ich mich an einer Stage-Entertainment-Tageskasse in der Vergangenheit geärgert. Da waren plötzlich ganze Preiskategorien ausgebucht und ich musste mehr ausgeben. Nachher war der Rang einfach nur leer und gesperrt. Und im Parkett gibt es nicht so eine große Abstufung wie im Stadttheater.
So wird ein ganz normales, neues Ensuite-Musical zum hochschwelligen Angebot. Nicht nur die Fragen zum Hin-und-weg sind wichtig. Wie war das mit der Elbüberquerung? Wie viel Zeit muss ich einplanen? Was war das für eine Posse mit der Seilbahn von Beginn an? Komme ich nach der Vorstellung eventuell noch nach Hause?
Auch das Problem mit den Darstellern in Deutschland ist erheblich.
Ich wähle doch zu einem wichtigen Teil Vorstellungen aus, weil bestimmte Darsteller auf der Bühne sind. Oder ich mich freue, wenn ich bekannte Gesichter wiedersehen werde und neue kennen lerne. In Berlin ist es das vorrangige Kriterium in Schauspiel und Oper für den Besuch einer Vorstellung. Dann kommen erst Regieteam und Theaterrenommee.
Doch die Produzenten wirbt nicht mit den Darstellern und so habe ich einfach keinerlei Interesse. Ich kann natürlich suchen, wer aktuell im Ensemble ist und wen ich mit Glück sehen könnte. (Eine Besetzungsvorplanung für den nächsten Monat gibt es ja auch nicht einmal.) Doch diese Lotterie der Besetzung schreckt mich wirklich ab.
„Das Wunder von Bern“ soll ja gut sein und Nachkriegsmusicals schätze ich. Doch die Marketingexperten der Theaterfirma haben mich immer eher abgeschreckt. Da wird immer mit Superlativen um sich geworfen, aber detaillierte, belegbare Zahlen dann dem Deutschen Bühnenverein verweigert. Besucherzahlen und Auslastung sind schlichtweg nicht existent. Das verärgert.
Und suche ich zum letzten Tag nach einer aktuellen Pressemeldung der Firma, bekomme ich veraltete Informationen. Wie peinlich kann das alles sein.
Immerhin weiß ich, dass es kein Sport-Musical oder Fußball-Musical ist. Jedenfalls nicht hauptsächlich. Doch um was geht es eigentlich? Eine vom Krieg zerstörte Familie findet neu zusammen – oder auch nicht – oder … Keine Ahnung. Habe ich vergessen. Möchte ich das herausfinden?
Alles in allem ist ein Besuch ein hochschwelliges Unterfangen, von dem mich so viele und noch mehr Punkte abhalten. Das klappt seit Jahren mit den Produktionen in Stuttgart und einmal mehr in Hamburg. Schade eigentlich. Ich organisiere inzwischen meinen nächsten Londonaufenthalt und gebe dort wohl viel Geld aus.
Das Wunder von Bern – vom 23. November 2014 bis 5. Januar 2017 im Theater an der Elbe Hamburg
„Das Wunder von Bern“ – später dann „Das Wunder“
vom 23. November 2014 bis 5. Januar 2017 im Theater an der Elbe in Hamburg
Musik: Martin Lingnau | Texte: Frank Ramond | Buch und Regie: Gil Mehmert | Musikalische Leitung: Christoph Bönecker | Musical Supervisor / Vocal Arrangements: Sebastian de Domenico | Choreografie: Simon Eichenberger | Konzept und Choreografie vertikale Fußballakrobatik: Brendan Shelper | Bühne: Jens Kilian | Kostüme: Stefanie Bruhn | Licht: Andreas Fuchs | Video: Ad de Haan & Tim Ringewaldt
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