Mal wieder (un)vollständig

Heute wird zum zweiten, aber eigentlich dritten Mal der „Deutscher Musical Theater Preis“ in verschiedenen Kategorien verliehen und ich bin ganz froh, dass ich eine arbeitsbedingte Ausrede habe und nichts erfinden muss, warum ich gerne fehle. Ich freue mich für die wenigen Nominierten (oft nur DREI in einer Kategorie) und verpasse die ganze Promoauftritte. Auf die Ergebnisse bin ich gespannt.
Am 26.10.2015 fand letztes Jahr die Musicalgala im tipi – Das Zelt, Berlin-Tiergarten, statt. Einiges hat sich leider nicht verbessert und das gilt es zu benennen.

Zum einen stellen Uraufführungen mit 80 Prozent neukomponierter Lieder nur einen minimalen Ausschnitt aus der deutschsprachigen Musicallandschaft dar. Also warum diesen so hervorheben, wenn gleichzeitig auf andere neue Musicals nicht hingewiesen wird. Dazu dann noch die Erstaufführungen und eben hunderten von Neuinszenierungen. Doch ich sehe nicht, dass da die Deutsche Musical Akademie überhaupt den Überblick hat. Da könnte ja mal eine vollständige Liste veröffentlicht werden.

Und da ist auch einer der untragbarsten Kritikpunkte: die Macher müssen sich VOR der Uraufführung bei der DMA melden, sonst Pech gehabt! Unglaublich. Vielleicht ist die Deutsche Musical Akademie im ganzen Land einfach noch zu unbekannt und unbedeutend, dass da keiner die Anmeldung verpasst? Oder wie erklärt es sich, dass große Stadttheater wie Kiel oder Gelsenkirchen ihre Uraufführungen nicht angemeldet haben, oder auch langjährige, stetige Musicalproduzenten wie das Wiener Metropol oder das Theater im Neukloster, Wiener Neustadt, nicht dabei sind?

Verständlich ist, dass man Auswahlkriterien braucht. Und schön ist, diese nachlesen zu können. Und „natürlich“ werden Kinderproduktionen generell aussortiert und Amateurmusicals wegen zu geringer Aufführungszahlen komplett nicht beachtet (und auch weil die Darsteller nicht bezahlt werden). Da steht dann die Frage im Raum, ob die Neuköllner Oper Berlin oder das Kleine Theater Berlin inzwischen die Profis überhaupt entsprechend entlohnen kann und damit den eigenen Zulassungskriterien genügt.

Bei den Kategorien fällt auf, dass wieder der Musical Supervisor bzw. die Musikalische Leitung fehlt. In anderen Bereichen des Musiktheaters ein undenkbarer Fehler. Doch hier regen sich nur wenige auf und damit bleibt die wichtigste Position neben den Regisseur komplett ohne Beachtung. Das muss sich umgehend ändern und wird gerade peinlich wiederholt nicht ausgezeichnet.
Die Darsteller einzeln auszuzeichnen ist wunderbar für einen Eintrag in deren Vita, doch oft gibt es auch große Solistenensembles oder einfach die Gruppe oder Chor, die in Zukunft nicht unbeachtet sein sollten.
Zwei Kategorien, die schmerzlich fehlen.

Folgende Musicals / Stücke wurden in der letzten Spielzeit 2015/2016 uraufgeführt und fehlen in der Nominiertenliste. Die Gründe sind wohl vielfältig und mir nicht bekannt. Da ich mich mit den Werken auch nicht befassen konnte, kann ich sie mit den bekannten Kriterien nicht vergleichen. Vielleicht bekomme ich Rückmeldungen dazu. Ich habe eher vorsichtig folgende Stücke in Betracht gezogen.
„Balthazar – Das Rockmusical“, „Kennst du den Mythos …?“, „Käptn Sharky“, „Aladin … und das Wunder mit der Lampe“, „Der kleine Prinz“ (Landestheater Schwaben), „Trümmerfrauen, Bombenstimmung“, „Die Wonderboys von Hernois“, „Liaisons“, „Der Steppenwolf“ und „Die Räuber“.
Die folgenden Musicals hatten es in die Auswahlliste der Deutschen Musical Akademie geschafft:
Der Postraub (UA: 21.08.2015) – Schlossfestspiele Biedenkopf, Biedenkopf
Oliver Twist (UA: 22.08.2015) – Harburger Theater, Hamburg
Der Raub der Mona Lisa (UA: 28.08.2015) – Kleines Theater am Südwestkorso, Berlin
Burn Out (UA: 09.10.2015) – Imperial Club im Admiralspalast, Berlin
Der Tunnel (UA: 16.10.2015) – Stadttheater Fürth, Fürth
Test – The Rock Opera (UA: 20.02.2016) – Scala Theater, Basel (CH)
Mein Name ist Eugen (UA: 05.03.2016) – MAAG Halle, Zürich (CH)
Einstein (UA: 22.04.2016) – Theater Hof, Hof
Don Camillo und Peppone (UA: 30.04.2016) – Theater St. Gallen, St. Gallen
Gabi Mut – Vom Leben geschlagert (UA: 12.05.2016) – Schmidtchen, Hamburg
Rapunzel (UA: 13.05.2016) – Brüder Grimm Festspiele, Hanau
Highway to Hellas (UA: 10.06.2016) – Domfestspiele, Bad Gandersheim
Der Medicus (UA: 17.06.2016) – Schlosstheater, Fulda
Stella (UA: 23.06.2016) – Neuköllner Oper, Berlin

Viel Glück den Nominierten!
Denn jetzt kommt eins der größten Probleme vor allem in Deutschland: Es gibt nach konstant vielen Uraufführungen nur sehr wenige Zweit- und Neuinszenierungen! So ein Preislabel hilft da sicherlich, dass zu ändern. Nein, nur hoffentlich. Leider. Was an Inszenierungszahlen zu beweisen wäre.

Gewinner des Deutschen Musical Theater Preis 2016:
Bestes Musical
• Stella (Neuköllner Oper, Berlin)
Beste Komposition
• Stella (Musik: Wolfgang Böhmer – Neuköllner Oper, Berlin)
Bestes Buch
• Stella (Buch: Peter Lund – Neuköllner Oper, Berlin)
Beste Liedtexte
• Stella (Liedtexte: Peter Lund – Neuköllner Oper, Berlin)
Bestes Musikalisches Arrangement
• Der Medicus – Das Musical (Arrangement: Michael Reed – Spotlight Musicals, Fulda)
Beste Regie
• Stella (Regie: Martin G. Berger – Neuköllner Oper, Berlin)
Beste Choreographie
• Mein Name ist Eugen – Das Musical (Choreographie: Jonathan Huor – MAAG Music & Arts, Zürich)
Bestes Bühnenbild
• Der Tunnel (Bühnenbild: Marc Jungreithmeier; Video: Marc Jungreithmeier & Anne Chahine – Stadttheater Fürth, Fürth)
Bestes Kostüm- und Maskenbild
• Rapunzel (Kostümbild: Ulla Röhrs; Maskenbild: Wiebke Quenzel – Brüder Grimm Festspiele Hanau, Hanau)
Beste Darstellerin in einer Hauptrolle
• Frederike Haas (Stella – Neuköllner Oper, Berlin)
Bester Darsteller in einer Hauptrolle
• Thomas Klotz (Burn Out – Sabine Haydn Produktionen, Berlin)
Beste Darstellerin in einer Nebenrolle
• Bettina Meske (Der Tunnel – Theater Fürth, Fürth)
Bester Darsteller in einer Nebenrolle
• Remo Traber (Mein Name ist Eugen – MAAG Music & Arts, Zürich)
Der Ehrenpreis wurde verliehen an Dr. Michael Kunze und Sylvester Levay.

Ein Gedanke zu “Mal wieder (un)vollständig

  1. Molly schreibt:

    Die Oper Kiel weiß von dem Preis, machen Sie sich darum keine Sorgen, auch anderen Theatern ist der inzwischen bekannt.
    Sie jammern hier auf einem Niveau, das unerträglich ist. Aber von diesem Blog habe ich auch nichts anderes erwartet.

    Selbst bei den Olivier Awards gibt es diverse Kategorien nicht. Und was das Problem mit nur drei Nominierten bei den Kategorien ist, verstehe ich auch nicht. Aber wie gesagt, da der Blog eh meist nur einer Jammerei darstellt, habe ich auch nichts anderes erwartet.

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